25. August 2012

Nach langer Zeit .....


Mehr als zwei Jahre sind es seit dem letzten Blog-Eintrag her. Nicht dass in der Zeit wenig geschehen wäre. Im Gegenteil: es war so viel, dass ich kaum je zum schreiben kam. Nun habe ich mir seit längerem geplant, mehr Zeit für mich selbst auferlegt, habe auf unbestimmte Zeit hinaus auf Vorträge und Workshops verzichtet, mich auch von den wenigen, noch verbleibenden institutionellen Aufgaben zurück gezogen. Offensichtlich - wie der Beginn der folgenden Aufzeichnungen deutlich macht - in weiser Voraussicht.
Weiterhin begleite ich einzelne Menschen auf ihrem Weg der Bewusstseinsentfaltung, die immer auch eine spirituelle ist. Neben der noch immer zu meinen Favoriten gehörenden "5-Tages-Retreat" haben sich auch andere Formen des spirituellen Coachings entwickelt: Einzelsitzungen von meist 1 1/2 Stunden Dauer, in loser Folge, aber auch halb- und ganztägige Einzelarbeit mit einem speziellen Fokus.
Hier nun ein aktueller Eintrag, der im Schreiben weiter und länger geworden ist, als anfänglich beabsichtigt:
Seit einigen Tagen (oder Wochen) fühle ich mich müde und „leistungsunwillig“, warte auf äussere Umtriebe, die mich zur Tätigkeit provozieren, ertrage auch den Alkohol nicht gut; schon nach einem Glas Wein fühle ich mich schwer und passiv. Die Blutwerte stimmen. Doch schlafe ich oft oberflächlich; ich habe den Eindruck, wach zu sein, merke aber am verpassten Glockenschlag der Kirchturmuhr, dass ich „weg“ gewesen sein muss.
Als ich dies bei Gelegenheit meinem Freund Greg erzähle und finde, dass ich auf diese Weise meine Rolle in dieser Welt nicht wahrnehme, meint er, ich hätte mit der Heilungswolke eine Riesenarbeit geleistet, von der ich mich mit Grund erholen und mir Ruhe gönnen sollte.
Es fällt mir schwer, die Vision einer kosmischen Heilungswolke als Arbeit zu bezeichnen, denn ich blicke lediglich hin und wieder zu ihr hin und bitte mein Selbst diese mich weit übersteigende Arbeit zu tun. Trotzdem scheint etwas zu werden: Wenn ich mich über die „Verlängerung des Steissbeins“ nach unten in die Vorstellung eines „Black (W)hole“, aus dem ständig das Universum neu entspringt, und über mich hinaus bis an die äussersten Ränder des immerfort expandierenden Universums verbinde, entsteht eine unheimlich starke Energiespannung. Das für mich unfassbare Ganze wirkt so intensiv und weit; dies nur schon eine Weile im Bewusstsein zu halten, ist enorm anstrengend, an der Grenze des Ertragbaren.
Anders ist die Vorstellung, sich als „kleiner Mensch“, als ein Sandkorn im Universum, da hinein zu legen. Das ist tiefste Süssigkeit und Sicherheit im geborgen Sein. Es ist auch nicht schwierig, andere Menschen in diesen Raum zu geleiten. Er scheint unserer tiefsten Sehnsucht zu nach unbedingter Geborgenheit zu entsprechen.
So fragte mich gestern eine junge Frau zum Abschluss ihres fünftägigen Bewusstseinsprozesses, wie sie aus den erfahrenen Dimensionen tieferen Seins wieder in den Alltag zurückfinden könne. Ich lud sie ein, sich zu entspannen und sich sanft in das sie umgebende Feld der Geborgenheit hinein sinken zu lassen; wie in ein warmes Bad, nach und nach mit dem ganzen Wesen. Die Meditationshaltung, die einzunehmen sie im Begriff war, erschien mir als schon zu viel des Machens, des etwas tun oder bewirken Wollens. Ein Impuls der Hingabe an das uns umfassende Sein reiche aus, damit es sie so weit aufnehme, wie sie sich geben könne; warum nicht rückhaltlos, mit Haut und Haar? Sich ganz und gar nehmen lassen, bis hinein in jede Zelle, mitsamt allen Emotions- und Denkmustern?
In diesem Zustand des nichts mehr Wollens und Müssens sprach ich sie an als „Du, Eines Sein, bitte jetzt um ein Bild jenes einzigartigen Seins-Funkens, der Essenz der einmaligen Potenziale, die durch das Leben von Claudia Leben der Verwirklichung warten“. Ihrem Gesichtsausdruck war die durch eine subtile Gegenwart ausgelöste Zärtlichkeit anzusehen. So bat ich sie als nächstes, nun ganz in dieses Einzigartige Selbst, ihren Wesenskern, hinein zu rutschen, und sich tief auf diese Seinsqualität einzulassen, sie zu spüren, sich ganz mit ihr zu verbinden.
Auch das folgende innere Bild der Claudia, wie sie jetzt entspannt im bequemen Lehnstuhl meines Praxisraums sitzt, löste in ihr tiefe Zuneigung und Wärme aus. Dann tauchte sie in einem letzten Schritt wieder ganz und gar ins seelisch-körperliche Wesen von Claudia ein; als im Leben stehender und seinen Herausforderungen zugewandter Mensch, der um seinen unverlierbaren Urgrund und die Leuchtkraft seines einzigartigen Selbstes weiss.
Claudia weiss auch, dass der Alltag ihr nicht gestatten wird, unangefochten in diesem gesegneten Zustand zu verharren. Die Spuren der Evolution der Materie, des Lebens und des menschlichen Bewusstseins sind in uns stets lebendig. Unzählige Schichten von Konditionierungen durch glückliche wie schmerzliche Erfahrungen haben sich auf verschiedenen Erinnerungsebenen, bis hinein in das Zellgedächtnis eingeprägt. Immer wieder werden Ereignisse des täglichen Lebens Resonanz in alten Erfahrungsmustern auslösen und Erinnerungen wach rufen, die sich aus dem Unbewussten als Emotionen erheben und unsere Wahrnehmung färben oder gar überschwemmen.
Wo bleibt dann diese selige Geborgenheit, wenn wir uns nicht willentlich mit ihr rückverbinden? Nicht als Flucht aus einem als „Dunkel des Daseins“ empfundenen Lebensverständnis, sondern um uns den aus dem Unbewussten heranstürmenden Wellen liebevoll zuzuwenden. Allein, indem wir diese bedrohlichen Gestalten mit offenem Herzen wahr- und annehmen haben wir uns im Grunde schon aus dem Bereich ihrer magischen Anziehungskraft herausgenommen: wir sind nicht unsere Überlebensimpulse noch die von ihnen ausgelösten Emotionen und Denkmuster; sie sind lebendig in uns als Phänomene, die erst einmal gehört werden wollen. Und alle jene, welche die Erfahrung gemacht haben, wissen, wie derartige Wellen sich vielleicht nochmals zu imposanter Grösse aufbäumen können, um sich schliesslich zu erschöpfen und ihre Ruhe zu finden. Darauf können wir uns verlassen: Die Kraft des aus der Hingabe an das Selbst strahlenden Herzens vermag, äusserste Verzweiflung und Schrecken sowie vehementest abgelehnte Emotionen und Mechanismen zur Ruhe zu bringen, und schliesslich, mit zärtlicher Unnachgiebigkeit, die sie erzeugenden Prägungen zu wandeln.
Wenn wir mit dieser Haltung den alltäglichen Herausforderungen entgegen gehen, so werden diese zu einer Art „Hüter der Schwelle“, der als oft unbequemer, aber letztlich unser Wohl meinender Begleiter jene Prägungen antippt, die jetzt erlöst sein wollen.
Nicht nur wird aus dieser Sicht der Alltag zum Ort unserer individuellen Bewusstseinsentfaltung. Da wir über unser individuelles Sein und unser unmittelbares Umfeld hinaus auch ein Aspekt des kollektiven Bewusstseins der Menschheit und gar der Evolution Kosmos sind, ist weder ein Ende unseres Weges abzusehen, noch die Tragweite unserer Erkenntnisse zu ermessen. Denken wir doch an die aus der Chaostheorie stammende Metapher vom Schmetterling der mit seinem Flügelschlag den Orkan auf der andern Seite des Erdballs auslöst.