27. April 2008

Aufgeschnappt: "Das höhere Wir"

Eben lese ich die nachfolgenden Sätze in einer Newsletter von "What is Enlightenment" aus dem Kreis von Andrew Cohen. Auch dies eine trans-religiöse Vision eines kollektiven Feldes, aus dem sich ein Weltethos entfalten könnte. Spontan vielleicht, im Augenblick einer genügenden Sättigung des Feldes, zu der wir durch unsere bewusste Teilnahme beitragen?

"Das höhere Wir" ist nicht Statisches. Es ist die gelebte Erfahrung und Perspektive des intersubjektiven Bewusstseinsfeldes, welches zwischen uns entstehen kann, wenn wir jenseits des Egos zusammenkommen. Darin liegt auch das Potenzial für eine völlig neue menschliche Kultur und die Verwirklichung dieses Potenzials braucht unser bewusstes Zusammenkommen auf dieser höheren Ebene.

Wenn wir uns in diesem Feld begegnen, dann begegnen wir uns in dem Einen evolutionären Impuls, der dem ganzen Universum zugrunde liegt. Und gleichzeitig erleben wir eine völlig neue Autonomie und Individualität.

.... und anregend: Forum Weltethos in Fribourg

Die gestrige Erfahrung hat mich weiter beschäftigt. Eben las ich noch in Rüdiger Saffranskis "Romantik". Ich hatte ursprünglich mit dem zweiten Teil, "Das Romantische", begonnen, weil mich Saffranskis Auslegung des Weges aus der Romantik in den Nationalsozialismus speziell interessierte. Heute bin ich im ersten Teil des Buches, "Die Romantik", auf die Visionen Johann Gottfried Herders gestossen. Noch in der Vorahnung der französischen Revolution schrieb Herder: Der Denkart der Nationen bin ich nachgeschlichen, und was ich ohne System und Grübelei herausgebracht, ist: dass jede sich Urkunden bildete, nach der Religion ihres Landes, der Tradition ihrerVäter, und den Begriffen der Nationen: dass diese Urkunden in einer dichterischen Sprache, in dichterischen Einkleidungen, und poetischem Rhythmus erscheinen; also mythologische Nationalgesänge vom Ursprunge ihrer ältesten Merkwürdigkeiten.

Basiert nicht auch die Verschiedenheit der Religionen sowie ihre je verschiedenen Gottesbilder auf den ältesten Merkwürdigkeiten der Ethnien und Völker, wie sie sich auf den unterschiedlichen Wegen aus dem gemeinsamen Ursprung des Homo Sapiens in Ostafrika herausgebildet hatten? Und kann ein Weltethos anders wirksam werden als aus dem Wissen um den gemeinsamen Ursprung der Menschheit: sowohl im physischen Sinne, wie ihn die neuere Genforschung nachzeichnet, als auch im geistigen?

Mit anderen Worten: Kann ein Weltethos lebendig werden, wenn nicht aus einem die ganze Schöpfung umfassenden Mitgefühl?

Mit dieser Frage öffnete ich die Internetseite von Ken Wilbers "Integral naked", mich an eine einfache Einführung in die buddhistische Technik des "Tonglen" erinnernd. Hier die einfachen Anweisungen in knappster Form:
  • Verbinde Dich mit der Erfahrung des Einen Seins (bzw. der Gegenwart des Absoluten oder des Urgrundes in Dir)
  • Bringe dieses Verbundensein in den Körper. Atme die Energie der Aussenwelt durch Dein Herz ein und lasse beim Ausatmen die unbedingte Liebe und Weisheit des einen Seins in die Aussenwelt zurückfliessen
  • Wende Dich nun Deinen eigenen Emotionen zu, atme sie ein, als einen über der äusseren Wirklichkeit liegenden Schleier, und atme die unbedingte Liebe und Weisheit des einen Seins aus. Gib' den Emotionen, die Du durch das Herz einatmest nicht mehr Gewicht als dem Rückfluss von Liebe und Weisheit und hafte nicht am Einen oder Andern mit Deinen Gedanken.
  • Erweitere nach und nach das Spektrum Deiner Wahrnehmung auf die Nächsten, dein Dorf, deine Nation, die Erde, die Schöpfung. Atme den Schmerz oder die Emotionen, die Du wahrnimmar ein und lasse die unbedingte Liebe und Weisheit aus dem einen Sein zurückfliessen.
Tonglen ist nicht auf den buddhistischen Kontext angewiesen; es könnte auch ganz anders genannt werden - und vielleicht wäre dies in einem trans-religiösen Sinne auch gut? Ich weiss auch, dass ich dem Ort und den Ursachen des Schmerzes, der durch Tonglen gewandelt wird, nicht nachzusinnen brauche. Je weiter ich in meiner Vorstellung das Spektrum meines Herzens ausdehnen kann, umso weiter wird das Wirkungsfeld von Tonglen. Und ich erlebe eine Vervielfachung der durch mich fliessenden Kraft, wenn ich mich als eines der Millionen von Wesen vorstelle, welche sich dem Wohl der Menschheit und des Planeten aus dem gleichen oder einem verwandten Geist zuwenden.

So bin ich letztlich für die Erfahrung mit dem Forum Weltethos dankbar! Sie hat mich einmal mehr auf die trans-religiöse Dimension verwiesen, in der nach meiner Empfindung der Schlüssel für die Verwirklichung eines lebendigen und umassenden Weltethos liegt. - Dass der Weg dahin ein langer und wohl auch ein schmerzvoller sein kann, hat mir die Kostprobe des interreligiösen Gesprächs ebenfalls eindrücklich vor Augen geführt. Es sei denn, dass die Kraft des vereinigten Mitgefühls einer wachsenden Zahl bewusster Menschen exponenziell zunehme!

26. April 2008

Ernüchternd: Forum Weltethos in Fribourg

Heute besuchte ich das Seminar „Dialog der Kulturen“ in der Universität Fribourg. Es fand im Rahmen der Veranstaltungen zu Ehren von Hans Küng, dem Initiator des „Projekt Weltethos“, statt, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feiert. Trotz den hohen Verdiensten, die dem Jubilar zukommen, hat mich die Veranstaltung in der Uni Fribourg enttäuscht und ernüchtert. Doch der Reihe nach:

„Was du nicht willst, dass man Dir tu, ….“, die goldene Regel also, die Küng als allen Religionen gemeinsamen Grundsatz gefunden hat, wird im „Projekt Weltethos“ in vier Wirkungsbereiche aufgegliedert, welche die wesentlichen Elemente für einen Frieden in dieser Welt – unter den Menschen und mit dem Planeten – beinhalten: Eine wichtige und weltweit anerkannte Grundlage für global bewusstes Denken und Handeln, ein wert- und verdienstvolles Projekt zum Wohl der Weltgemeinschaft.

Unter dem Titel „Dialog der Kulturen“ sprachen eine Frau und zwei Männer als Vertreter der drei monotheistischen Religionen über die jüdische, christliche und islamische Sicht auf das Weltethos; eine Philosophin steuerte kritische Anmerkungen aus ihrer von Vernunft und Klarheit geprägten Sicht bei. Dabei legten die Vertreter der Religionen Zeugnis ab für die Schwächen des interreligiösen Dialogs, indem jede und jeder die Vorzüge des eigenen Glaubens pries; das Licht des einen Geistes, der hinter den unterschiedlichen Offenbarungen leuchtet, vermochte lediglich als eine göttliche, unser Verhalten bewertende Instanz durch zu schimmern. Ein Weltethos also, den eine höhere Macht uns auferlegt? Nicht innerstes „Wollen“, sich ihrer Gestaltungsfreiheit bewusst werdender, eigenverantwortlicher Weltbürger? Aus einer unbedingten Liebe zum Wunder dieser Schöpfung?

„Wie kommen wir – die Einzelnen und die Gesellschaft – vom Sollen zum Wollen bzw. zum Tun ? Wissen wir doch, was es von uns braucht und tun es nicht?“ fragte ich in die Schlussrunde, das noch Fehlende ansprechend, damit aus dem deklarierten Weltethos auch lebendige Wirklichkeit werde.

Die Antworten waren ernüchternd: Die Vertreter/in der monotheistischen Weltreligionen kamen zurück auf ihre Referate, in denen sie sich - in unterschiedlichen Worten - auf einen Gott berufen hatten, dessen Offenbarung diese ethischen Regeln entsprächen und vor der wir am Lebensende Rechenschaft abzulegen hätten; auch von Plus- und Minuspunkten war die Rede, je nach Art der Absicht oder Tat von je unterschiedlichem Gewicht.

Dementsprechend verstanden die Religionsvertreter unter „Sollen“ die Angst vor Verfehlung und Strafe, unter „Wollen“ das Streben nach göttlichem Wohlgefallen. Damit boten sie der sich auf Vernunft statt Metaphysik berufenden Philosophin ein leichtes Spiel. Die Frage, was es brauche, damit der ethischen Deklaration auch vernunftgeleitetes Tun folge, mochte sie allerdings auch nicht beantworten.

Meine unter vier Augen vorgebrachte Frage, ob denn der von ihr angeführte „tugendhafte Atheist“ - wenn er aus innerem ethischen Empfinden wahrhaftig denke und handle - in Wirklichkeit nicht auch „religiös“ sei, wehrte die Philosophin mit der Bemerkung ab, dass damit der Begriff der „Religion“ schwammig und unfassbar würde.

Ginge es heute nicht gerade darum, eine universelle Trans-Religiosität zu finden, die auf der Gegenwart der unbedingten Weisheit im innersten jedes Menschen beruht? Und wäre der Übergang vom „Sollen“ zum „Wollen“ und zum Tun nicht dort zu finden, wo ein Welt-Ethos im innersten der Menschen lebendig wird? – Der Weg dahin scheint noch weit zu sein?

23. April 2008

Freie Liebe - ein Text von Sabine Lichtenfels

Dieser Text von Sabine Lichtenfels, Mitgründerin der Gemeinschaft Tamera in Portugal, hat mich sehr berührt:

GRACE und freie Liebe
(Auszug aus einer frei gesprochenen Rede von
Sabine Lichtenfels auf der Tamera-Sommeruniversität 2007)


Es kann keine freie Liebe geben ohne eine tiefe Anbindung an die Spiritualität.
Wenn mein ganzes Denken geprägt ist von Verlustangst, werde ich immer im Vergleich leben.
Ich werde immer verteidigen und in dem Moment, wo die Angst einsetzt, geht man über in eine Kampfeshaltung. Ich kann aber auch in den tiefen Zustand des Vertrauens eintreten, zurückkehren zu mir selbst, zu der Frage: "Wer bin denn ich?"

Ich kann nur lieben, wenn ich wieder eintrete in diesen Zusammenhang mit der Welt und meine Aufgabe erkenne. Ich muss daran glauben, dass es auch für mich eine Aufgabe gibt.
"Ich bin geliebt."

Hier spürt man, wie viele Jahrtausende von Geschichte wir - wir Frauen und wir Männer - abwerfen müssen, bis wir zu diesem Grundgefühl zurückkehren können: "Ich bin geliebt als sexuelles und sinnliches Wesen von der heiligen Quelle des Lebens."

Ich werde dann auf einmal bemerken, dass meine Freiheit nicht darin besteht, beliebig zu sein, sondern darin, meine Aufgabe zu erkennen und anzunehmen. Ich werde dann auf einmal merken, dass es gar keine privaten Liebesbeziehungen gibt, sondern dass sich alles vor dem Hintergrund eines universellen Geschehens ereignet.

Die Sonne hat ihre Freiheit darin, dass sie scheint. Sie wird nicht morgens erwachen und sagen: "Oh, ich habe keine Lust zu scheinen." Und sie wird sich auch nicht vom Mond erpressen lassen, indem der Mond sagt: "Du darfst nur für mich scheinen." Die Sonne wird ihre göttliche Quelle dadurch erfüllen, dass sie sich verschenkt.

Und das übertragen: Eine Frau, die ihre Verbindung wieder gefunden hat zur göttlichen Quelle und zur Führung wird ihre Liebe dadurch verwirklichen, dass sie lernt zu dienen, achtsam zu sein, wahrhaftig und verschenkend. Auf einmal ist es von großer Bedeutung, wohin mich die Göttin heute führt. Ich werde in das Vertrauen eintreten, das mir sagt, wenn die Göttin eine tiefe Partnerschaft für mich vorgesehen hat, wird sie mich von selbst dahin führen, ich muss keine Erpressungsmanöver unternehmen, um eine Partnerschaft zu erhalten.

In diesem Zustand des Vertrauens frage ich nicht: "Was kriege ich?" Ich trete auch nicht in dieses unersättliche Begehren ein gegenüber dem Mann oder gegenüber der Frau, aus dem Glauben, nie satt zu werden.

Freie Liebe hat nichts mit Konsumverhalten zu tun, sondern dass man weiß: Alles, was mir begegnet, ist göttlich.

21. April 2008

Universelle Spiritualität - Gedankensplitter (2)

Während eines Vortrags für eine Gruppe von deutschen Buchhändlern, am vergangenen Samstag, entwickelte sich in mir spontan eine Abfolge von "Transformations-Scharnieren" auf dem Weg zu einer freien und alltagsbezogenen Spiritualität.
  • In Augenblicken totaler Gegenwärtigkeit kann sich die Tür zu einer zweifellosen Aufgehobenheit im Sein öffnen. Oft schreiben wir diese Erfahrung ungetrübten Glücks den äusseren Umständen zu, die uns für einen Augenblick in ein vollständiges Einvernehmen mit dem Jetzt, in ene absolute Wunschlosigkeit geführt haben. Wenn wir lernen, diese Augenblicke als Seinsfühlungen zu verstehen, können wir ihre Wiederholung jeweils bewusst zulassen und uns darauf einlassen. Durch diese Übung - auch eine Form von Meditation - lernen wir einen Raum der Aufgehobenheit in unbedingter Liebe und Weisheit kennen; die unendliche Liebe, die uns mit einer ewigen Sehnsucht angezogen hat, durch unendlich viele Zwischenhalte und Enttäuschungen in ihrer Natur nach vergänglichen Situationen.
  • Aus dieser Sicht wird ein tiefes Mitgefühl für die Suche aller Menschen - wo immer sie im Augenblick darin stehen - erfahrbar. Ein Mitgefühl für die eigene Begrenztheit und die aller Andern. Mitgefühl auch für die evolutive Entfaltung der Schöpfung und des menschlichen Bewusstseins mit allen Widerständen, Irrungen und Transformationen auf dem Weg: die Entfaltung des Einen durch diese Schöpfung - ein Bild, das mich mit tiefer Liebe für diese Welt in ihrer Schönheit wie in ihrer Zerrissenheit zu erfüllen vermag.
  • Diese Sicht kann uns in ein Verständnis führen für die Aufwallungen unserer unbewussten vitalen und emotionalen Impulse, samt ihren Konditionierungen und Verletzungen, wenn sie von äusseren Ereignissen angeregt werden. Und das Wissen, dass - wenn wir diese Emanationen des Unbewussten ans offene Herz nehmen und sie mit der unbedingten Liebe verbinden - ein Raum der Wandlung entsteht. Ein Raum, der uns eine immer wachsende Freiheit von der menschlichen Bedingtheit durch die vergangenen Epochen der Evolution schenkt. Die Freiheit zu einem vom ungetrübten Herzen geleiteten Denken und Handeln.
Die Verbindung dieser drei Erkenntnisse gibt uns das Potenzial, Herausforderungen, wie sie uns das Alltagsleben laufend präsentiert, aus dem offenen Herzen zu begegnen. Wir verstehen sie als Wachstumschancen, die unser Leben zunehmend reicher machen: jeder Aspekt des Unbewussten, den wir auf diese Weise integrieren können, wird zu unserem Helfer.

Damit die Früchte der drei genannten Erkenntnisse lebendig bleiben, braucht es eine vierte:
  • Die Hingabe an die Eine Quelle, als ein uns umfassendes Du: Die transformative Kraft der unbedingten Liebe, die uns aus der Macht des Unbewussten befreit, sowie die innere, auf die Anforderung des Augenblicks bezogene Führung bedürfen immer wieder der Hingabe an ihre Quelle im Einen Sein, dem Ort unserer tiefsten Aufgehobenheit. Es bedarf grosser Achtsamkeit und unbeirrter Übung, diese Stimme der Einen Liebe und Weisheit von jenen der Wünsche, Ängste und Bedürftigkeiten zu unterscheiden, die mit zur menschlichen Bedingtheit - und damit der Schönheit des Lebens in dieser wunderbaren Welt - gehören.
Die Suche nach den stimmigen Worten geht weiter!

17. April 2008

Schattenspiele: In der Oper wie in der Welt

Aus einem Brief an Claus Helmut Drese*

(Anlässlich eines Besuches in seinem Haus im Blenio-Tal hatten wir uns, insbesondere im Zusammenhang mit den Judenvernichtungen im Deutschland des 2. Weltkriegs und dem gegenwärtigen israelisch-palästinensischen Konflikt, über die Wichtigkeit der Aufarbeitung kollektiver Prägungen unterhalten und sind dabei - wie zufällig - zur letzten Zürcher Zauberflöte gelandet, die wir beide spontan als Entfremdung von Mozarts Oper abgelehnt hatten.)

Gleich wie unsere Diskussion um die Verdrängung von historischen Demütigungen und Niederlagen auf kollektiver Ebene und die Manifestation dieser gemeinschaftlich verdrängten Komplexe im Weltgeschehen, hat mich auch das Gespräch über die letzte Zürcher Zauberflöte nicht losgelassen.

E-Dur – die Tonart von Sarastros Arie „In diesen heiligen Hallen“ – sei eine böse, von Mozart sonst kaum angewandte Tonart, sagt offenbar Nikolaus Harnoncourt. Er nimmt dies als Indiz, Mozart habe Sarastro nicht in der Rolle des weisen und guten Herrschers gesehen, als der er bis jetzt in der Rezeptionsgeschichte der Zauberflöte dargestellt wurde.

Heute, auf der Heimfahrt mit unserem reparierten Auto aus dem Tessin, setzten sich folgende Gedanken zusammen: Wenn wir – im Sinne der Psychologie des Unbewussten – in der Figur der Königin der Nacht Sarastros verdrängte weibliche Seite sehen und im Moor Monostatos seine dunkle, ungeliebte männliche Seite, die er zum Schluss beide aus seinen heiligen Hallen verbannt, dann ist Sarastros Reich in der Tat eine hohle, nur scheinbar gute Welt, und er selbst ein, seine Schattenseiten negierender Gutmensch. So gesehen sind auch die beiden Priester, die Tamino und Papageno auf ihrem Läuterungsweg führen, Vertreter einer hohlen, die animalischen Instinkte verurteilenden Welt. Pamina und Tamino werden in diese heile Welt aufgenommen; ihr liebenswürdigeres Schattenpaar wird ausgeschlossen, darf aber immerhin im „Urwald“ weiterleben.

Wenn wir die ganze Zauberflöte als Sarastros inneres Schauspiel sehen, eröffnet sich vielleicht doch der Raum für neue, unserer Zeit entsprechende Regiekonzepte. Und vielleicht möchte ich die Zürcher Inszenierung, die ich nur vom Fernsehen her kenne, doch nochmals daraufhin ansehen? Ich kann mich auch kaum mehr noch daran erinnern.

* (ehem. Direktor des Opernhauses Zürich, der Staatsoper Wien u.a.)


7. April 2008

Universelle Spiritualität - Gedankensplitter (1)

"Menschen folgen auf Menschen,
und sie erheben die Lüge zur Religion.
Welche Generation könnte sagen,
sie sei im Besitz der wahren Richtung?"


Von wem und woher dieses radikale Zitat stammt? Vom blinden islamischen Dichter al-Ma'arra (973-1058). Er ist in der nordsyrischen Stadt Ma'arra geboren, hat in Aleppo studiert, in Bagdad gewirkt und ist um die Lebensmitte wieder zurück in seine Geburtsstadt gezogen.*
Das Thema einer universellen oder trans-religiösen Spiritualität in einer modernen Formulierung, in der sich allle Religionen und Traditionen wieder finden können, ebenso wie jene, die den Institutionen den Rücken gekehrt haben, steht zur Zeit im Zentrum meines Suchens.
Wenn wir die Religionen und spirituellen Wege wie verschiedenfarbige Laternen sehen (ein Bild, das ich von Frithjof Schuon übernehme**), ist es ein Einziges Licht, das sie alle erhellt. Nur die Farben, hinter denen das Licht leuchtet sind verschieden. Aus dieser Perspektive sind alle Religionen und ihre Wege Zubringer zum Einen.
Mündige Menschen wollen nicht nur vom Einen Licht hören, sondern es erfahren. Darum geht es mir bei meiner Suche, die mich mit vielen Anderen verbindet. Ein Forschungs- und Erkundungsprojekt in Zusammenarbeit mit Vertretern verschiedener Wege ist in Vorbereitung; vielleicht will daraus dann nochmals ein Buch werden. Es wird sich zeigen.
Mehr darüber in loser Folge.

* Abdelwhab Meddeb: Die Krankheit des Islam. Zürich, 2007
** Frithjof Schuon: Von der inneren Einheit der Religionen. Freiburg i.Br., 2007