Liebe E.M.
Das Wochenende war nicht zum Schreiben geeignet. Am Samstagvormittag
unternahm ich meine übliche Fribourger Stadtwanderung, und am Nachmittag
besuchte ich den reizvollen Film "Alceste à Bicyclettes", ein
Karriereschauspieler und ein ausgestiegener Kollege steigen in die
Molière-Dialoge zwischen Alceste und Philinte (Misanthrope) ein ... Parallel
dazu habe ich ein eher schwaches Theaterstück von Eric-Emmanuel Schmidt
gelesen: Der Darsteller von Alceste, ein freundlicher und toleranter Mensch,
bereitet sich in seiner Garderobe auf seinen Auftritt als Alceste vor; da tritt
ihm aus dem Spiegel sein Ebenbild als wirklicher Misanthrope entgegen, und es
ergibt sich ein interessanter, ab letztlich nicht weiterführender Dialog.
Gestern dann in Genf: eine wunderbare, berührende Traviata, mit
hervorragenden Sängern, frei von Starkult. Berührend.
Und nun sind wir schon
wieder in Zürich, und ich versuche mal eine Fortsetzung unseres Dialogs.
Du
schreibst, dass die - oft störende - Konditionierung einerseits ein Schutz
vor Überforderung sei, andererseits zugleich ein Aufruf, stetig an diesem
unserem Ziel Schritt für Schritt weiter zu arbeiten. Wie Du Dir vorstellen
kannst, macht mich der erste Teil des Satzes hellhörig. Das Thema ist so
ungeheuer vielschichtig. Die Funktion der Konditionierung und ihre Wertung
scheint mir ganz nah mit der Evolution des Bewusstseins verwoben zu sein. Je
nachdem, aus welcher Ebene wir schauen, kann die gleiche Konditionierung
überlebensnotwendig, zerstörerisch oder als Aspekt des Spiels der
Bewusstseinsentfaltung trotz - oder gerade dank - grösster Grausamkeit Auslöser
eines neuen Bewusstseinsschubs sein. Dabei macht es wieder einen Unterschied,
ob wir die Sicht auf das Individuum beschränken oder auf die mit der
Evolution an breite gewinnende Gruppe ausdehnen. Was für das Heranwachsen des
Einzelnen förderlich sein mag, kann sich durch den Druck der Gruppe ins
Gegenteil wenden.
Frühe Horden des homo sapiens und seiner Vorgänger
brauchten eine auf Konditionierung der Triebe - vorab der Sexualität -
basierende soziale Ordnung. Wer durch sein Verhalten den Zusammenhalt der
Gemeinschaft gefährdete, hatte mit dem (fast sicher tödlichen) Ausschluss zu
rechnen. Mit dem Übergang vom archaischen ins magische Bewusstsein (nach Jean
Gebser, Ken Wilber u.a.) wurde die strafende Macht auf Gottesbilder
projiziert, mit deren Entzauberung wurde die Drohung mit der Strafe für das
Übertreten der Ordnung auf die Gesellschaft verlegt ("was denken die
andern"). Wenn ich heute in der Zeitung lese, dass der US-Staat Virgina
daran sei, das Konkubinat zu erlauben, aber zugleich den Sex ohne Ehe
weiterhin unter Strafe belasse, oder neu Sexualität auch bei angelassenem
Licht erlaube, aber Sex im Auto verbiete oder jemanden mit dem Auto zu einer unzüchtigen Handlung zu fahren, bestrafe, dann sehe ich, wie auch in
sogenannt zivilisierten Ländern die uralten Mechanismen nur schwer zu
überwinden sind. Und jetzt bedenken wir, wie nur allein dieser Aspekt des
menschlichen Lebens nicht nur menschliche Schicksale prägt (gestern: La
Traviata = die, die den Weg verlassen hat), sondern letztlich hinter global
wirksamen politischen Entscheidungen bis hin zu den grössten Katastrophen
steht, weiss ich nicht, ob ich Konditionierung gut finden kann. -
Oder doch,
wenn ich radikal die Ebene wechsle und alles, aber auch alles als kosmisches
Spiel der Evolution sehe, wo sich überbietendes Grauen geschieht, bis zu dem
schon einmal beschworenen "Nie mehr so!" Aber es scheint, wie wenn
diese Wende aus Einsicht zeitlich noch in unendlicher Ferne sei.
Natürlich
ist Konditionierung auch ganz anders und positiv, weil ja eigentlich alles,
was sich entfaltet Konditionierung ist: Sprache, aufrechter Gang, etc. etc.
Und - wer weiss, vielleicht schon viel früher in der Evolution - durch
"kosmische Gewohnheiten", die sich schon in der Bildung von
kleinsten Energie- und/oder Energiepartikeln und ihrer Suche nach Verbindung
manifestiert haben und die Grundlage des Kosmos sind, so wie er jetzt gerade
ist, mit seinen Potenzialen, von denen wir wohl bloss einige naheliegende
erahnen können?
-----------------
Hier muss ich für heute unterbrechen.
Fortsetzung folgt, es sei denn, es werde Dir zu beschwerlich, meinen
Denkspuren zu folgen?
Sag'es bitte frei heraus. Für heute alles Liebe, von
Haus zu Haus, herzlich, Hans
|
lieber Hans,
Deiner Fortsetzung möchte ich nicht
vorgreifen aber doch schnell noch 2 Einschaltungen einfügen:
Meine Gedanken beziehen sich nur auf die
individuelle Konditionierung und da bin ich voll mit Dir einverstanden dass
sie ungeheuer vielschichtig ist und meist einengend, beschränkend bis
zerstörerisch wirken kann. Doch habe ich immer wieder erfahren dass viele
Menschen gerne diese Einflüsse auf ein Mal abwerfen wollen, weil sie die
Gefahren einsehen aber innerlich noch nicht bereit – oder wie es so schön
heisst reif – dafür sind. Die Reaktion darauf habe ich dann in meiner Praxis
gesehen………….Dort denke ich dass die Macht der Konditionierung hilft anstelle
vom sofortigen nur die schrittweise Befreiung der einengenden Grenzen.
Während wir für die universellen Konditionierung viel weniger selber tun
können, so liegt die Selbstverwirklichung doch vor allem in unseren
Händen, wir können so weit unsere Möglichkeiten es erlauben, bestimmen was
wir wollen und wie weit wir gehen können.
Hier sehe ich einen Unterschied in unserem
Denken:
Für mich sind die eigenen Kräfte sehr
unterschiedlich begrenzt, was den Einen gelingt (sich voll einzulassen),
können Andere nur Schritt für Schritt. Ich persönlich meine dass hier das
frühkindliche Urvertrauen unter anderem eine ganz wichtige Rolle spielt, der
Mut sich selber zu vertrauen. Es scheint mir dass ich ängstlicher bin und mir
und z.T. den Mitmenschen weniger zutraue als Du. Allerdings hast Du
vermutlich vor allem Menschen die bereits auf dem Weg sind und wissen auf was
sie sich einlassen. Doch darf man die Andern nicht vergessen die auch von dem
Weg zur Selbstverwirklichung profitieren könnten.
Und noch etwas: Heute ist ja
„Selbstverwirklichung“ zu einem Schlagwort geworden. Doch so oft ist sie sehr
egozentrisch verstanden ohne Verantwortung für Familie und Umwelt. Und was
das z.B. für die betroffenen Kinder bedeutet, muss ich hier nicht
ausführen. Deine Elisabeth ist für mich ein Beispiel, sie hat – so denke
wenigstens ich – obwohl sie ihren wunderbaren Beruf für die
Familie aufgegeben hat, ihren für sie befriedigenden Weg gefunden.
Das war nur schnell ein kurzer,
früh-morgendlicher Einwurf!
Herzliche Grüsse, E.M.
Liebe E.M.,
Danke für Deine Einwürfe, die ich gerne bedenke uns zu beantworten
versuche. Am einfachsten ist es, wenn ich am Ende Deines heutigen Mails
beginne. Selbst-Verwirklichung ist für mich die Verwirklichung der innersten
Potenziale und Werte in der Person, in ihrem Alltagsleben. Die modische
Selbstverwirklichung entspringt einem anderen Wortgebrauch: hier geht es um
die Verwirklichung der Wünsche und Bedürftigkeiten eines von seinem inneren
Selbst abgekapselten Ich.
Zur Frage nach der Begrenztheit der eigenen Kräfte vieler Menschen und
der Zumutbarkeit eines Weges nach Innen verstehe ich Deine Vorsicht sehr gut!
- Und doch suche ich mit Menschen, welchen die Erfahrung der frühkindlichen
Nestwärme nie geschenkt oder gar zerstört worden ist, einen paradoxen Zugang.
Was ist denn ihre grösste Sehnsucht? - Geliebt zu sein, ohne Bedingungen,
ohne etwas zu müssen, einfach so; das Klischee der Mutterliebe, eben, die
kein Mensch je zu erfüllen fähig ist. Und die wir dann suchen, um wieder
ent-täuscht zu werden. Bis wir merken, dass es nur eine Sehnsucht gibt: die
nach dem ewigen, unverlierbaren Gehaltensein.
Diese Erfahrung kann ich
vermitteln, vielleicht beim ersten Mal nur ihren Duft. Nur einmal, bei einem
durch einen Psychiater mir zugewiesenen Psychotiker, der innere Stimmen
hörte, die ihn hiessen seine Frau zu töten, war der Wahn stärker als die
innere Aufgehobenheit, die er phasenweise wohl erfahren konnte, und sich in
einem solchen Zustand dann freiwillig in die psychiatrische Klinik begab. Die
andern erlebten schliesslich im Rückblick ihre Ent-täuschungen, die fehlende
Nestwärme des Zuhause, Missbrauch und andere Verletzungen als den Weg, der
sie in immer tiefere Trennung vom Selbst führten, die sie schliesslich zur Aufgabe
des Versuchs führten, ihr Weh mit eigenen (Ich-)Kräften zu wenden. Die
Dankbarkeit die dann zu den als Verursacher gesehenen und vielleicht
gehassten Menschen oder Umständen entsteht, sehe ich als wirkliche Vergebung,
welche die Spuren bis hinunter ins Zellgedächtnis zu transformieren vermag. –
Klar, dieser Weg verlangt kundige Begleitung. Hier hat für mich der
Macher, auch der es gut meinende, nichts zu suchen. Ich sehe das mir
geschenkte Vertrauen als wirkliches Privileg, dem ich nur aus der Hingabe an
die Führung meiner innersten Weisheit und Liebe - das Selbst - genügen kann.
Dieses Vertrauen, da gebe ich Dir recht, ist ein grosses Geschenk, das
ich nicht einmal annähernd als mein verfügbares Eigentum betrachten will. -
Und, auch da hast Du natürlich recht: Dein empathischerer und sanfterer Weg
ist ganz sicher für viele Menschen angemessen. Anderen liegt meine radikale,
wenn auch immer mitfühlende, Kur näher. So wie Du Deine höchsten Kräfte auf
Deinem Weg zur besten Entfaltung bringst, während für mich die
Herausforderung durch den Schmerz den Wegweiser zur Wende bildet.
Das bringt mich zurück zur Differenzierung des Begriffs der Konditionierung. Wenn wir soweit gehen als die Entfaltung des Universums aus einem initialen Ereignis als Folge von Konditionierungen in immer differenzierte Manifestationen und - in der Geschichte des homo sapiens - immer differenziertere Bewusstseinszustände zu sehen, dann gäbe es nichts ohne Konditionierung, ohne sich nach und nach als bewährt etablierende Gesetzmässigkeiten; im Dialog zwischen Ken Wilber und Rupert Sheldrake habe ich dafür die Bezeichnung "cosmic habits" gehört, die mir sehr gut gefällt. Jean Gebser hat die Entfaltung des menschlichen Bewusstseins aus dem Archaischen über das Magische, Mythische, Mentale ins Integrale sehr schön beschrieben; Ken Wilber hat das noch weiter differenziert und auf die Entwicklung jedes Menschen übertragen: von der noch absoluten Einheit des Neugeborenen mit der Mutter, zur Entdeckung seines Eigenen: körperlich, emotional, rational bis zu der Ebene, die sich in der westlichen Menschheit vielleicht gerade entwickelt, der Integralen, aus der wir die früheren Ebenen reflektieren und integrieren können - um dann auch die Freiheit von den traumatisierten (!!!) Konditionierungen zu finden, die auf jenen Ebenen oder beim disharmonischen Übergang von einer zur andern, empfangen wurden.
In der Evolution des menschlichen Bewusstseins - ob individuell oder kollektiv - ist jede neue Ebene ein Geschenk. Sie ist - bei Jean Gebser erstmals gelesen - einer ins Chaos abgestürzten Disfunktionalität der vorangehenden Ebene entsprungen. Welche Gesetzmässigkeit liegt dem seit Urzeiten und immer wieder neuen Geschehen zugrunde?
Immer, wenn sich unserem Bewusstsein neue Wahrnehmungs- und Reflexionspotentiale erschliessen sind wir fasziniert von den neuen Ein- und Aussichten. Wir neigen dazu, das Neue zu verabsolutieren, und gleichzeitig das Bisherige als überholt abzuwerten. Durch diese einseitige Identifikation des Ich mit dem Neuen befindet sich dieses bereits auf dem besten Weg in die Destruktivität. Die erst noch neuen Glaubenssätze werden sich über kurz oder lang als begrenzt erweisen und ihre ausschliessliche Glaubwürdigkeit verlieren. Der Zerfall derart brüchig gewordener Paradigmen führt unvermeidbar in Orientierungslosigkeit und Chaos. Dort können aus der Leere neue Ideen aufblitzen, die wenn sie von einer kritischen Anzahl von Meinungsbildnern als glaubwürdigere Orientierungshilfen angenommen werden, zum neuen Paradigma erhoben werden.
So geschehen mit der Abwertung von Körper und Emotionen durch die Faszination von Rationalität und Verstand, samt ihren die ganze Gesellschaft treffenden Auswüchsen. Unsere Generation hat den Aufstand gegen die harte Verstandeswelt erlebt, deren Abwertung durch die Multikulturellen und Grünen, die zwar wesentliche Werte ins Bewusstsein rufen, aber durch ihre Einseitigkeit und Naivität ins nächste Chaos der Meinungen führen. Jedem Chaos wohnen sowohl Regression als auch Evolution inne. Alles hängt davon ab, dass neue Ideen als soviel an Glaubwürdigkeit und Kraft auf sich zu ziehen vermögen, dass daraus ein neues Paradigma als gesellschaftlich akzeptierter Schritt der Bewusstseinsentfaltung entstehen kann.
So sehe ich die Hoffnung, dass der seit 1968 gewachsene Sinn für die Pluralität in seiner konstruktiven Ausbildung die Basis für ein integrales Bewusstsein bilden möge: eine innere Haltung die alle Entwicklungs-Ebenen - archaisch, magisch, mythisch, rational, pluralistisch - einschliesst und würdigt, indem sie diesen ihre je eigene, dem jeweiligen Potenzial entsprechende Funktion im ganzheitlichen Gesamtklang der Persönlichkeit - oder der Gesellschaft – einräumt und wertschätzt. Dabei ist zu bedenken, dass einzelne dieser früheren Entwicklungsebenen so entwertet oder verletzt wurden, dass sie noch heute wirksame Traumatisierungen aufweisen. Dazu gehörten auch Traumatisierungen, die je nach Interpretationsweise von Generation zu Generation weitergereicht oder aus früheren Seelenleben stammen und sich – das gilt für beide – in Form von Persönlichkeitsstörungen manifestieren können, bis sie durch Wahrnehmung und Annahme erlöst werden.
Das wäre wohl eine nächste Portion meiner Gedanke zu diesem wohl
endlosen Thema. Aber gleich holt mich unsere Enkelin Seraina zum Mittagessen
ab, und da möchte ich dieses Mail vorher noch (ungelesen) absenden.
Mit
herzlichen Grüssen,
Hans
lieber Hans.
in den letzten 10 Tagen habe ich dank Deinen
didaktischen Fähigkeiten viel von Deinen eigenen Erfahrungen lernen dürfen.
Obwohl im ersten Moment Vieles mir fremd schien, merke ich doch wie nah wir
uns doch bewegen im Sinne: „viele Wege führen zum Ziel“, doch das Ziel ist
sehr ähnlich. Was Du bei der Rückführung über die Identifikation mit
Deinem Selbst zur Identifikation mit seinem Selbst beschreibst, erinnert mich
genau an meine Arbeit in der Daseins-Analyse (die sich ja unter anderem auch
auf den Boden indischer Philosophie beruft) . Der Wunsch nach frühkindlicher
Mutterliebe, an diese grosses Eins-Sein kennen wir ja alle!
Ich habe nun auch begriffen dass Deine
Definition der Konditionierung viel umfassender und universaler ist, als ich
sie bisher bedacht habe. Im Ansatz hat es nach meinem Gefühl auch etwas
von der Jungschen Lehre, nur ist sie viel differenzierter und umgreifender,
wie der kurze Ausschnitt aus dem Dialog zwischen Ken Wilber und Rupert
Sheldrake zeigt
Nun lasse ich bei mir diese neuen
Gedankenanstösse sich setzen, freue mich aber „das begonnene und nie beendete
Gespräch“ dann auch wieder weiterzuführen.
Jetzt gehe ich in den 3. Kursabend
über Lutoslawski, das letzte Mal sprach Krystian Zimerman über sein an den
folgenden 3 Tagen in der Tonhalle gespieltes Klavierkonzert und über dessen
Entstehung und dies war faszinierend und belebend .
Wie immer liebe Grüsse auch an Elisabeth
E.M.
|
Liebe E.M.
Nun ist seit unserem letzten Austausch schon fast eine Woche
verstrichen.
Ja, klar: so sehr sich die Wege unterscheiden mögen, so haben Sie
vielleicht sogar das selbe Ziel. Denn die grosse Sehnsucht, die uns in so
viele Irrfahrten hineinführt und durch die Ent-Täuschung wieder erlöst, kann
nach meinem Verständnis nur Eines meinen: Die allumfassende Ewigkeit, der wir
alle entstammen. Dies zu Lebzeiten erfahren zu dürfen ist Gnade. Und sie
verlangt Hingabe, immer wieder, immer von Neuem. Gerade durch die
Begleiterscheinungen der gegenwärtigen familiären Turbulenzen und
Widrigkeiten im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung unserer
Liegenschaft an der Rämistrasse 42 erfahre ich, wie mich Ängste, enttäuschte
Erwartungen an meinen uralten Prägungen wieder in das getrennte Ich
hinausreissen. Dann ist es der Hans, der alles richten muss und sich dabei
erschöpft. Und wenn ich - wie gestern Vormittag - Elisabeth meinen Zustand
erkläre, fährt plötzlich die Erinnerung an die Instanz ein, welche mich in
diesen Dingen leitet, und von Sekunde zu Sekunde ändert sich mein Zustand.
Ohne die emotionale Erregung wird sofort alles klar und halb so schlimm.
So wird das Ungemach zum Lehrer, zum kostbaren Geschenk! OM NAMAH
SHIVAYA! (OM - ich verneige mich vor dem Ewigen).
Das Lutoslawski-Konzert war sicher wieder sehr schön! Wir haben es vor
Jahren, auch mit Zimmermann und auch in der Tonhalle gehört!
Elisabeth ist am Donnerstag auf dem Glatteis (Stadelhoferstrasse)
ausgerutscht und hat sich sehr weh getan. Kein Knochenschaden, ausser
möglicherweise ein Riss im Steissbein. Heftige Muskelschmerzen bei jedem
Bücken oder Treppengehen (aufwärts). Ob Elisabeth nach Istanbul zum Konzert
von und den Tagen mit Ursina mitkommen kann, ist fraglich.
Euch beiden liebe Grüsse von Haus zu Haus, Hans
|
18. Februar 2013
Ich - Einzigartiges Selbst - Urgrund allen Seins - Ein Dialog - II
7. Februar 2013
Ich - Einzigartiges Selbst - Urgrund allen Seins
Bei
einem Mittagessen habe ich unserer Freundin E.M. den Ausschreibungstext
für meinen ersten Kurs nach der langen Pause übergeben.
Das Ich, als Ausdruck eines einzigartigen
Selbst,
geboren aus dem ewigen Urgrund allen Seins.
geboren aus dem ewigen Urgrund allen Seins.
Die
Erfahrungsrunde dieser zwei Tage gilt der Erkundung der eigenen Person als
Ausdruck ihres Wesenskerns: des unverwechselbaren Selbst mit seinen
einzigartigen Gaben und Potenzialen. So verstanden, erhält der Ruf nach
Selbst-Verwirklichung eine tiefere Bedeutung: als Aufforderung, die je eigene
Rolle zu erkennen und auszufüllen. Dies nicht allein im unmittelbaren
Lebenskreis, sondern als Weltbürger im umfassenderen Kontext der globalen
Bewusstseinsentfaltung. Denn im Urgrund, dem alle Manifestation entspringt,
sind wir verbunden, in einer wunderbaren Vielfalt einzigartiger Aspekte des
sich ständig neu entfaltenden Universums.
Stets
erneuerte Hingabe der Person – samt ihrer mitschöpferischen Wirkkraft – an die
in uns angelegte Vollkommenheit ist der Schlüssel zur zunehmenden
Verwirklichung in diesem Leben.
Aus
diesem Wissen heraus wollen wir in der Seminarrunde erkunden, wie wir die
eigenen Bedingtheiten und die täglichen Herausforderungen des Alltags als Teil
unseres Werdens annehmen, um unsere Grenzen zu wandeln und zu übersteigen.
Dabei werden wir erfahren, was es bedeutet, unsere wesentliche Fragen und
Anliegen der Weisheit und Wirkkraft des einzigartigen Selbst anzuvertrauen. Um
dabei tiefer zu verstehen, wie wir mit jedem unserer inneren Schritte
gleichzeitig auch Mitschöpfer des sich selbst informierenden universellen
Bewusstseins sind - ein mögliches Gottesbild für unsere Zeit?
Wir
finden uns in diesem umfassenden Geist und unseren individuellen Anliegen in
der Runde. Den Ablauf und detaillierten Inhalt des Seminars überlasse ich in
diesem Sinne der Weisheit des Augenblicks.
Daraufhin
schreibt mir E.M.:
Ich habe Deinen Flyer, lieber Hans, gelesen
und da sind mir noch Fragen aufgetaucht. Aber das zeigt ja auch dass schon der
geschriebene Text zum Weiterdenken anregt..
·
„der ewige Urgrund allen Seins“ entspricht das
in Etwa dem archetypischen Urgrund im Sinne dass auch unser Selbst aus diesen
Quellen stammt?
·
um dem Ruf nach Selbst-Verwirklichung sowohl
des unmittelbaren wie auch als Weltbürger braucht es doch eine rechte Portion
Selbstsicherheit. Und wer diese nicht hat und er auch nicht den Intellekt oder
Willen einsetzen darf , kann er sie aus dem inneren Energiestrom finden?
Braucht es nicht schon Einiges an Wissen über seine innere Befindlichkeit um
ohne Angst sich auf diese Reise nach Innen einlassen zu können.
·
das sind vielleicht schon wieder zu
intellektuelle Überlegungen oder durch meine Arbeit mit seelisch kranken
Menschen gefärbte Gedanken, doch sie stiegen in mir auf als ich mir vorstellte,
dass ich mich so loslassen sollte
Liebe
E.M........
Der
ewige Urgrund allen Seins ist für mich der Raum jenseits von Dualität, ein
zeitfreier Raum ohne Grenzen, in den hinein sich der Beobachter auflösen kann.
Ein Zustand, in dem ich nichts nicht bin. Aus diesem Zustand können wir nichts
tun, nichts bewirken, nichts denken, nur sein. Gleichzeitig ist da eine
unverlierbare Aufgehobenheit, eine grosse Zärtlichkeit für die Manifestation,
die ich auch bin. - Die Führung in diesen Raum kann ich vermitteln - ebenso wie
den Weg zurück, vorerst in die Identifikation mit meinem Selbst - meinen einzigartigen
Gaben und Potenziale, die meine Rolle in dieser Welt beinhaltet - und von da
zurück in die Person, die sich neu erfährt: Als Ausdruck ihres einzigartigen
Selbst, das wiederum ein Aspekt der dem Sein entspringenden Manifestation ist.
- Ich habe bis jetzt noch keinen Menschen erlebt, der diese Reise über die
Dualität hinaus und zurück in die "Selbst-Erfahrene" Person nicht
nachvollziehen konnte.
Wer die
Wirklichkeit dieses einzigartigen Selbst erfahren hat, kann sich zumindest ein
Bild von Selbst-Verwirklichung machen. Nämlich die in ihm angelegten
Potenziale, seine Gaben, in der Welt zu verwirklichen. Zuerst in seiner Haltung
zu den Phänomenen des Alltags, zu seinem unmittelbaren Umfeld und dann aus dem
Bewusstsein heraus, dass wir in unserer Zeit und Gesellschaft gar nicht
existieren können, ohne Vernetzung in die Globale Gesellschaft. Und wie wir
damit lokal umgehen hat globale Bedeutung, immer! Es ist wirklich keine
Hexerei.
In
einem Workshop mache ich das ganz klar mit Menschen, die wissen, worauf sie
sich einlassen. Sonst würden sie von der Einladung ja auch nicht betroffen
sein. Meist sind es Menschen, die einen spirituellen Weg gehen, damit nicht
klar kommen, sich verhaspelt oder verstiegen haben. Oder Menschen, die spüren,
dass sie mehr in sich tragen als sie in ihrem Leben verwirklichen.
Letztere
sind die, mit denen ich in Einzelarbeit spreche. Da kann ich auch mit
Verwundungen des Ich umgehen und mich von meiner inneren Weisheit darin führen
lassen. Hingabe an die grössere Weisheit und Liebe ist alles. - Aber auch da
gehe ich davon aus, dass die Heilung des konditionierten oder verletzten Ich
aus der Erfahrung der Aufgehobenheit im Selbst als Ausdruck des grossen Seins
kommt. Dass der Wunsch nach Kraft und Führung an das Selbst auf wunderbar erscheinende
Weise beantwortet wird. Dass wir eine Heimat haben, zu der uns Heimatlosigkeit
- als ent-täuschte Heimat - hinführt. Dass alle Sehnsucht nach Einheit letzlich
diese Eine meint ......
Dies
als spontaner Erguss vom Selbst in die Finger und den Computer ... Von Herzen,
mit lieben Grüssen, Hans
lieber Hans,
Vielen Dank für diesen schönen
Wochenend-Gruss. Du hast die Gabe - auf alle Fälle bei mir – die
Gedanken anzustossen, fliessen zu lassen und die würde ich in Kurzform
gerne „rückfliessen“ lassen.
Ich denke es gibt die verschiedensten Wege die
zu der Selbst-Verwirklichung führen und jeder – falls er/sie das wünscht, kann
seinen Weg dazu finden. Früher versuchte man dies mit der Stützung des
Selbstwertgefühl nur bleibt das stets intellektuell und äusserlich, nützt
entsprechend selten. Später folgte dem die psychoanalytische Therapie…….. Eine
Cousine von mir hat den Weg auf stundenlangem Ritt auf dem Pferd durch die
Natur erfahren und konnte davon weitergeben. Dein Weg spricht mich sehr an weil
er mich sehr an meine Auseinandersetzung mit der Mystik der verschiedenen
Kulturen erinnert.
Wie Du Dich - vermutlich stets von
Neuem – zu verwirklichen suchst und anderen Menschen dazu zu verhelfen kannst,
bewundere ich sehr. Das dazu nötige tiefe Vertrauen und die Offenheit
beiderseits ist etwas Einmaliges. Bei meiner Arbeit musste dies meist einseitig
bleiben und doch habe ich es stets als grosses Geschenk empfunden.
Was mich ebenso anspricht ist wie es Dir
gelingt von Deinem Weg des ewigen Urgrundes, diesem zeitfreien Raum ohne
Grenzen mit der grossen Zärtlichkeit und dem Aufgehoben-Sein, zurück zur
Identifikation mit seinem Selbst zu führen. Damit hat der Klient -
und eben nicht intellektuell- sein Selbstwertgefühl erfahren oder
auch relativierten können, je nachdem. In der Auflösung findet er seinen
eigenen, festen Boden, so stelle ich es mir vor.
Dass Du aber Deine Klienten zurück in den
Alltag und ihnen die Verantwortung für die Welt, die Globalität, vor Augen
führst, dass Du damit die echte Heimat
in sich selbst als Aufgabe und Verpflichtung im Hier und Jetzt aufdeckst macht
Deinen Weg wohl lebensnaher und menschengerechter als viele der
esoterischen oder ähnlichen Wege.
Liebe
E.M.
Deinen
Dank erwidere ich gerne: Deine Fragen lassen es in mir fliessen, und ich bin
froh, auf diese Weise Aspekte schriftlich zu formulieren. Beim gegenwärtigen
Lebensinhalt und -tempo fällt die Schriftlichkeit fast ganz unter den Tisch. So
benütze ich die Gelegenheit, meine Gedanken noch etwas weiter zu führen.
Wenn
ich frohgemut schreibe, das sei "keine Hexerei", so meine ich damit
die Erfahrung und die Einsicht. Die Umsetzung ist natürlich etwas anderes. Um
es klar zu sagen: ich bin noch keinem voll Selbst-verwirklichten Menschen
begegnet. Ich glaube auch nicht, dass dies möglich sei, solange wir in einem
Körper leben, der erst einmal die Evolutionsgeschichte von Äonen als
Bedingtheit in sich trägt: Feste Materie, Flüssigkeit, Gas, Elektrizität,
Vitalität, Überlebensfunktionen, Emotionalität, Rationalität, Reflexion,
zunehmende Freiheit. Und all dies geprägt von teils traumatischen
Konditionierungen durch die kulturell verschiedenartige Sozialisierung von
Herde, Horde, Stamm, Ethnie, Heimat, Sippe, Familie, Individualität.
Die je
eigene Arbeit geht in zwei Richtung: Kultivierung der Aufgehobenheit im Selbst
durch unendlich wiederholte Rückverbindung. Dabei fällt danke der
Selbst-Erfahrung der spirituelle Materialismus dahin; ich tue dies nicht mehr,
um eine Erleuchtung oder so etwas zu erreichen; Selbst-Erfahrung ist die
Streifung durch Erleuchtung, was folgt ist die Vertiefung. Die andere Richtung
der eigenen Arbeit geht in die Erlangung zunehmender Freiheit von den oben
beschriebenen Bedingtheiten. Volle Freiheit, ist - wie ich beschrieben habe -
eine Illusion, denn die Sammlung der Konditionierungen ist grenzenlos; da
vermischen sich bald einmal individuelle und kollektive Prägungen. Ich gehe
vielmehr davon aus, dass das Leben in uns jene Konditionierungen anstösst, die
erlöst sein wollen. Je eher wir diese "Störungen" als
Herausforderungen zur Bewusstwerdung anzunehmen bereit sind, desto
kontinuierlicher wird die Lebenslinie zu einem Weg der Entfaltung; statt uns
selbst zu blockieren, indem wir den Anlass oder den bösen Andern für unser Weh
verantwortlich machen. - Und spätestens hier muss der geneigte Schreiber
passen: schon wenn wir immer wieder neu realisieren, dass uns die Aussenwelt an
der eigenen Prägung aus der bewussten Verbindung herausgerissen hat - verbunden
sind wir ja immer - sind wir auf einem privilegierten Wegstück angelangt. Und
wer kann mit Sicherheit sagen, dass grosse Not ihn nicht gänzlich wieder zu
verschlingen vermöchte?
Wenn Du
diese Weiterführung meiner schriftlichen Erwägungen Dir zu Gemüte führen magst,
freut es mich. Auch Fragen, Widersprüche und Kommentare würde ich gerne
aufnehmen!
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