Vor Freude liefen meine Augen über, heute früh, als ich in der „Herald Tribune“ über die neueste Erweiterung des Musikwunders von Venezuela las:
Die Jugendmusikbewegung in Venezuela, die zehntausende von Jugendlichen aus teils schwierigsten gesellschaftlichen Umständen zur Musik führt, wird auf Gefängnisse ausgedehnt. So will es ein Projekt, für das der Staat und die Interamerikanische Entwicklungsbank einen Startkredit von 3 Millionen US Dollar einsetzen. Hunderte von Gefangenen Venezolanerinnen, zusammen mit Frauen aus Kolumbien, Spanien, Malaysia und Holland – viele von ihnen verurteilt wegen Delikten im Zusammenhang mit dem Drogenhandel, aber auch wegen Mord, Raub und Diebstahl – lernen Geige, Bratsche, Kontrabass und andere Instrumente spielen. Täglich proben sie im Rahmen von Orchestern und Chören, die von jungen Dirigenten aus der Jugendmusikbewegung geleitet werden. Beethovens Neunte wird anvisiert; gespielt und gesungen werden aber auch lokale Volkslieder. Das erste Orchesterkonzert fand im Mai 2008 im Teresa Carreno-Konzertsaal in Caracas statt.
„Dies ist unser Versuch, das Gefängnis-System zu humanisieren“ sagt eine der Initiantinnen „wir gehen von der einfachen Idee aus, dass Musik die Menschen in ein anderes Bewusstsein zu erheben vermag.“
23. Juni 2008
Trans-religiöse Spiritualität - Versuch einer Skizze
Das Thema einer trans-religiösen oder globalen Spiritualität hat mich in diesen Tagen intensiv beschäftigt und wird auch weiterhin im Zentrum bleiben. Es geht mir darum Worte für eine Spiritualität zu finden, in der sich Angehörige aller Religionen und Traditionen wieder finden können - und auch jene, die den Institutionen den Rücken gekehrt haben. Aus der Perspektive des Absoluten sind die Wege, die zu seiner Erfahrung relativ, Zubringer zum unteilbaren Einen.
Den nachfolgenden Ansatz zu einer Formulierung verstehe ich als "work in progress", das der Verfeinerung bedarf. Wenn Sie dazu beitragen wollen, benützen Sie die Kommentarfunktion am Ende dieser Notiz.
Initiation
Die Erfahrung des Geschmacks der Einheit
Drei Aspekte persönlicher Beziehung zum Einen
Die Aufgehobenheit im Einen
Aufgehobenheit in unbedingter Liebe – Gegenstand unserer alles Handeln durchziehenden Sehnsucht – und unendliche Weisheit
Entdeckung des Herzraums als Ort der sanften Transformation
Annehmen und Wandeln der Emanationen des Unbewussten im Herzraum
Daraus entsteht Freiheit von den Zwängen des Unbewussten.
Freiheit als Geschenk des menschlichen Bewusstseins!
Es ist, wie wir noch sehen werden, eine „bedingte“ Freiheit
Das Eine in der äusseren Vielfalt
Wahr- und Annehmen der äusseren Welt und aller Andern als Ausdruck des Einen, in seiner inhärenten Vollkommenheit wie in seiner gegenwärtigen Bedingtheit. So wie ich mich selbst auch angenommen habe
Die eigene emotionale Resonanz auf äussere Reize als Belebung von Aspekten im eigenen Unbewussten annehmen, die verstanden und erlöst sein wollen
Das Eine in seinem Wirken sehen, als Gott im Werden, durch ständige Differenzierung, als Wesen der Evolution
Das So-Sein der Weltsituation annehmen
Akzeptieren der Gegenwart als einzigen Ansatz für unser Handeln
Hingabe an das Eine
Hingabe an das Wunder des Seins, dessen Ausdruck die Schöpfung ist, wie ich selbst
Dankbarkeit: Immer klarer zum Ausdruck des Seins zu werden
Das Eine als Du: Es antwortet naturgemäss nicht mit den Mitteln der dualen Welt; die Antwort ist Inspiration, wenn wir Fragen und Probleme im Herzraum direkt – losgelöst von eigenen Wünschen – der bild- und wortfreien Liebe und Weisheit des Seins aussetzen
Wir sind immer am Anfang:
Immer tiefer und freier tauchen wir so ins Menschsein ein:
als Mitgestalter in dieser Welt. In Dankbarkeit und Freude!
Den nachfolgenden Ansatz zu einer Formulierung verstehe ich als "work in progress", das der Verfeinerung bedarf. Wenn Sie dazu beitragen wollen, benützen Sie die Kommentarfunktion am Ende dieser Notiz.
Initiation
Die Erfahrung des Geschmacks der Einheit
- Viele Wege führen dahin. Viele haben die Erfahrung auch schon gemacht, aber sie den äusseren Umständen zugeschrieben, statt sie als Eigenes anzunehmen.
- Die Erfahrung bedarf der steten Vertiefung: durch die Wiederholung, aber auch durch Würdigung und Dankbarkeit
- Die stete Vertiefung der Einheitserfahrung führt letztlich zur Verlagerung des Ortes letzter Aufgehobenheit von aussen nach innen: von den äusseren Sicherheiten zu innerer Gewissheit. Dies ist eine erste, entscheidende Wende.
Drei Aspekte persönlicher Beziehung zum Einen
Die Aufgehobenheit im Einen
Freiheit als Geschenk des menschlichen Bewusstseins!
Das Eine in der äusseren Vielfalt
Hingabe an das Eine
Wir sind immer am Anfang:
Immer tiefer und freier tauchen wir so ins Menschsein ein:
als Mitgestalter in dieser Welt. In Dankbarkeit und Freude!
21. Juni 2008
Erfahrungen und Bewusstseinsebenen
Ein Schweizer Urinstinkt hat mich heute, nach einem intensiven Schreibtag, auf die Höhen hinter Cortona gezogen. Weit sieht man hier über's Land: Nach Westen in die Toscana bis zur Hügelkette des Monte Amiata, nach Süden über den Trasimenischen See und schliesslich nach Osten weit nach Umbrien hinein, bis in die Berge der Marken. Eine wunderbare Aussicht an einem klaren, heissen Sommerabend.
Zum zweiten Mal erwischen mich die Pollen der hier oben - auf 900m - noch und nach dem vielen Regen erst recht blühenden Gräser, denen ich in den Süden entfliehen wollte. Mein Immunsystem will mir (noch) nicht glauben, dass die Pollen keine Bedrohung sind und es sich durchaus beruhigen könnte. So kehre ich schon nach einer halben Stunde wieder um. Schade.
Während des Zurückgehens sinniert es in mir - ich weiss nicht warum - darüber, dass viele Menschen, die von Einheitszuständen wissen oder sie erfahren haben, bei meiner Beschreibung von emotionalen Wellen, die mich halt noch immer gelegentlich auf dem linken Fuss erwischen, wohlmeinend bemerken, dass doch alles das Eine sei. Natürlich! Das weiss ich auch, und trotzdem ......
Man kann sehr wohl um die Einheit alles Seins wissen, und auch den Weg dorthin meist schnell wieder finden. Und trotzdem ..... Solange wir im spirituellen Bewusstsein noch nicht so integriert sind, dass wir diese Ebene ganz bewohnen und uns darin eingerichtet haben, werden uns die ungeliebten Aspekte, mit denen wir nicht so gerne konfrontiert sind, immer wieder zurückholen, bis wir sie angenommen, das heisst auf sie so eingegangen sind, dass sie zu unseren Vertrauten geworden sind. Sie werden sich auch dann vielleicht noch regen, aber eben: Sie sind vertraut und vermögen uns deshalb nicht mehr zu überrumpeln. Oder doch?
Das ist ein langer Weg (hier spreche ich im Gegensatz zu den Praktiken zur ((vorübergehenden)) Seinserfahrung noch immer von einem Weg). Bis, wie Sri Aurobindo sagt, alle inneren Ebenen so mit uns verbunden sind, dass wir immer klarer Ausdruck des Seins sind und die Welt absolut offen wahrnehmen: von Zelle zu Zelle, von Empfindung zu Empfindung, von Emotion zu Emotion, Herz zu Herz, Geist zu Geist und GEIST zu GEIST. Es ist ein Lebensweg der Achtsamkeit im Umgang mit den Herausforderungen, wie sie uns der Alltag laufend präsentiert. Eine liebevolle Achtsamkeit, welche sich den eigenen Begrenztheiten in unbedingter Liebe zuwendet; fördernd, denn alles andere, würde die Aspekte, auf die wir weniger Stolz sind, wieder in ihr Versteck verbannen.
Ja, ja, ja: Alles ist Manifestation des Einen. Und es ist alles gut, wie es ist. Und es zieht mich - und wohl viele andere - weiter hinein in dieses beherzte Menschsein. Immer tiefer! Ins Lebensglück!
Zum zweiten Mal erwischen mich die Pollen der hier oben - auf 900m - noch und nach dem vielen Regen erst recht blühenden Gräser, denen ich in den Süden entfliehen wollte. Mein Immunsystem will mir (noch) nicht glauben, dass die Pollen keine Bedrohung sind und es sich durchaus beruhigen könnte. So kehre ich schon nach einer halben Stunde wieder um. Schade.
Während des Zurückgehens sinniert es in mir - ich weiss nicht warum - darüber, dass viele Menschen, die von Einheitszuständen wissen oder sie erfahren haben, bei meiner Beschreibung von emotionalen Wellen, die mich halt noch immer gelegentlich auf dem linken Fuss erwischen, wohlmeinend bemerken, dass doch alles das Eine sei. Natürlich! Das weiss ich auch, und trotzdem ......
Man kann sehr wohl um die Einheit alles Seins wissen, und auch den Weg dorthin meist schnell wieder finden. Und trotzdem ..... Solange wir im spirituellen Bewusstsein noch nicht so integriert sind, dass wir diese Ebene ganz bewohnen und uns darin eingerichtet haben, werden uns die ungeliebten Aspekte, mit denen wir nicht so gerne konfrontiert sind, immer wieder zurückholen, bis wir sie angenommen, das heisst auf sie so eingegangen sind, dass sie zu unseren Vertrauten geworden sind. Sie werden sich auch dann vielleicht noch regen, aber eben: Sie sind vertraut und vermögen uns deshalb nicht mehr zu überrumpeln. Oder doch?
Das ist ein langer Weg (hier spreche ich im Gegensatz zu den Praktiken zur ((vorübergehenden)) Seinserfahrung noch immer von einem Weg). Bis, wie Sri Aurobindo sagt, alle inneren Ebenen so mit uns verbunden sind, dass wir immer klarer Ausdruck des Seins sind und die Welt absolut offen wahrnehmen: von Zelle zu Zelle, von Empfindung zu Empfindung, von Emotion zu Emotion, Herz zu Herz, Geist zu Geist und GEIST zu GEIST. Es ist ein Lebensweg der Achtsamkeit im Umgang mit den Herausforderungen, wie sie uns der Alltag laufend präsentiert. Eine liebevolle Achtsamkeit, welche sich den eigenen Begrenztheiten in unbedingter Liebe zuwendet; fördernd, denn alles andere, würde die Aspekte, auf die wir weniger Stolz sind, wieder in ihr Versteck verbannen.
Ja, ja, ja: Alles ist Manifestation des Einen. Und es ist alles gut, wie es ist. Und es zieht mich - und wohl viele andere - weiter hinein in dieses beherzte Menschsein. Immer tiefer! Ins Lebensglück!
16. Juni 2008
Pinturicchio in Spello und Beato Angelico in Cortona: Trans-religiöse Erfahrungen
Der Besuch der Pinturicchio-Schau hat uns inspiriert, die Capella Baglione in der Kirche Santa Maria Maggiore in Spello zu besuchen. Von den drei grossen, wandfüllenden Fresken hat jenes mit der Verkündigung meine Aufmerksamkeit gefesselt.
Einem spirituellen Spieltrieb folgend stellte ich mich körperlich hinein, in die Vorstellung der Gestalt Marias, die aus ihrem Blick und der Haltung des Kopfes sprechende Hingabe übernehmend. Dann stellte ich mir die Taube und den von ihr ausgehenden Lichtstrahl als unkörperliches geistiges Phänomen vor, und wie dieser Lichtstrahl meinen Scheitel berühren würde. Mein Freund Ueli machte mich auf den von der Wolke (links oben) herabschauenden "lieben Gott" aufmerksam; als Bild, dem wir heute in einem materiellen Verständnis nicht mehr zu folgen mögen. Meine Antwort, sich hinter diesem Bild das Wunder des Seins vorzustellen, von dem wir uns kein Bild zu machen vermögen, nahm ich gleich mit in mein Experiment hinein: Als Urgrund der Taube und ihres Lichtstrahls. - Ein kühles, zartes Licht umfing mich, änderte meinen Zustand von innen her, in ein stilles, andächtiges Glück. Ich beschrieb mein Spiel auch den beiden Freunden, Ueli und Francie. Ich habe sie (noch) nicht gefragt, wie das für sie war.
Mir ist dabei auf eine andere Weise klar geworden, wie Künstler, die "erfahren" haben, diesen Erfahrung in den Bildern ihrer Kultur und ihrer Zeit Ausdruck geben. Das zeitlose Wirkliche liegt hinter solchen Bildern, die uns auf ihre unaussprechliche Weise zu berühren vermögen.
Ein anderes Beispiel solcher Art mystischer Ausstrahlung vermittelt für mich die Verkündigung von Fra Beato Angelico, die im Museo Diocesano von Cortona hängt. Jedesmal, wenn ich in Cortona bin, lasse ich mich von diesem besonderen Bild wieder neu berühren.
Wie der Engel mit Bestimmtheit auf das Herz Marias zeigt, aus dem das Neue - die Eine Liebe: das ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben - geboren werden will, berührt mich immer wieder ganz unmittelbar. Vermöchte diese Maria - für mich: Ausdruck des allumfassenden Weiblichen - der männlichen Kraft dieses Engels zu widerstehen?
Und: Könnten wir "Kultur" definieren, als die Art und Weise, wie sich das Eine in Bildern - auch in Musik oder Worten - ausdrückt, die dem jeweiligen Erfahrungsraum der Menschen entsprechen?
Einem spirituellen Spieltrieb folgend stellte ich mich körperlich hinein, in die Vorstellung der Gestalt Marias, die aus ihrem Blick und der Haltung des Kopfes sprechende Hingabe übernehmend. Dann stellte ich mir die Taube und den von ihr ausgehenden Lichtstrahl als unkörperliches geistiges Phänomen vor, und wie dieser Lichtstrahl meinen Scheitel berühren würde. Mein Freund Ueli machte mich auf den von der Wolke (links oben) herabschauenden "lieben Gott" aufmerksam; als Bild, dem wir heute in einem materiellen Verständnis nicht mehr zu folgen mögen. Meine Antwort, sich hinter diesem Bild das Wunder des Seins vorzustellen, von dem wir uns kein Bild zu machen vermögen, nahm ich gleich mit in mein Experiment hinein: Als Urgrund der Taube und ihres Lichtstrahls. - Ein kühles, zartes Licht umfing mich, änderte meinen Zustand von innen her, in ein stilles, andächtiges Glück. Ich beschrieb mein Spiel auch den beiden Freunden, Ueli und Francie. Ich habe sie (noch) nicht gefragt, wie das für sie war.
Mir ist dabei auf eine andere Weise klar geworden, wie Künstler, die "erfahren" haben, diesen Erfahrung in den Bildern ihrer Kultur und ihrer Zeit Ausdruck geben. Das zeitlose Wirkliche liegt hinter solchen Bildern, die uns auf ihre unaussprechliche Weise zu berühren vermögen.
Ein anderes Beispiel solcher Art mystischer Ausstrahlung vermittelt für mich die Verkündigung von Fra Beato Angelico, die im Museo Diocesano von Cortona hängt. Jedesmal, wenn ich in Cortona bin, lasse ich mich von diesem besonderen Bild wieder neu berühren.
Wie der Engel mit Bestimmtheit auf das Herz Marias zeigt, aus dem das Neue - die Eine Liebe: das ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben - geboren werden will, berührt mich immer wieder ganz unmittelbar. Vermöchte diese Maria - für mich: Ausdruck des allumfassenden Weiblichen - der männlichen Kraft dieses Engels zu widerstehen?
Und: Könnten wir "Kultur" definieren, als die Art und Weise, wie sich das Eine in Bildern - auch in Musik oder Worten - ausdrückt, die dem jeweiligen Erfahrungsraum der Menschen entsprechen?
Sonntag in Cortona
Gestern war Sonn(en)tag: in vielfacher Weise. Ich wurde - erstmals in diesen letzten vierzehn Tagen - von hellem Sonnenschein geweckt. Hier (rechts) der Blick über die Dächer von Cortona von der Terrasse meines kleinen Stadthauses. Im Hintergrund der Lago Trasimeno. Auf dem untenstehenden Bild habe ich ihn etwas näher herangezoomt. Hinter dem Hügel auf der linken Bildseite liegt - etwa 30 Kilometer entfernt - Perugia. Dort habe ich mich heute mit Freunden vereinbart, um die grosse, dem aus Perugia stammenden Maler Pinturicchio gewidmete Schau in der Galleria Nazionale zu sehen. Doch davon später mehr.
Ich bin mit einer Leichtigkeit aufgestanden, die mir während der letzten Woche etwas abhanden gekommen war. Mag es das kühle und oft trübe Wetter gewesen sein oder - wohl eher? - die etwas zähe Arbeit an der Aktualisierung eines Artikels, den ich vor sieben Jahre zum Thema einer neuen Unternehmensethik geschrieben hatte. Ganz anders als die Arbeit in den ersten Tagen nach meiner Ankunft, wo mir ein neuer Artikel "Anfängergeist" für einen geplanten Sammelband über Erfahrungen mit Meditation einfach aus den Fingern geflossen war. (Beide demnächst als "Downloads")
Heute Morgen war die Leichtigkeit einfach da. Sie äusserte sie auch darin, dass ich den Rucksack mit Regenschutz, Lektüre, Kamera, Reservepullover wieder auspackte und lediglich ein kleines Notizbüchlein und ein Schreibwerkzeug mit auf den Weg nahm. Dafür kam ich dann in den unerwarteten Genuss einer Bahnfahrt, wie ich sie - immer beschäftigt mit Lesen oder Schreiben - schon lange nicht mehr erlebt habe: Offen für die vorüberziehende Landschaft und Inspirationen, die ja genau dieses Raums bedürfen.
So fallen mir zum ungeliebten Ethik-Artikel noch ein paar Dinge ein, die ihm noch fehlen: Auch jene Aspekte der Absichtlosigkeit, wo "es" uns nimmt in diese leichte, kreative Aufgehobenheit.
Ich bin mit einer Leichtigkeit aufgestanden, die mir während der letzten Woche etwas abhanden gekommen war. Mag es das kühle und oft trübe Wetter gewesen sein oder - wohl eher? - die etwas zähe Arbeit an der Aktualisierung eines Artikels, den ich vor sieben Jahre zum Thema einer neuen Unternehmensethik geschrieben hatte. Ganz anders als die Arbeit in den ersten Tagen nach meiner Ankunft, wo mir ein neuer Artikel "Anfängergeist" für einen geplanten Sammelband über Erfahrungen mit Meditation einfach aus den Fingern geflossen war. (Beide demnächst als "Downloads")
Heute Morgen war die Leichtigkeit einfach da. Sie äusserte sie auch darin, dass ich den Rucksack mit Regenschutz, Lektüre, Kamera, Reservepullover wieder auspackte und lediglich ein kleines Notizbüchlein und ein Schreibwerkzeug mit auf den Weg nahm. Dafür kam ich dann in den unerwarteten Genuss einer Bahnfahrt, wie ich sie - immer beschäftigt mit Lesen oder Schreiben - schon lange nicht mehr erlebt habe: Offen für die vorüberziehende Landschaft und Inspirationen, die ja genau dieses Raums bedürfen.
So fallen mir zum ungeliebten Ethik-Artikel noch ein paar Dinge ein, die ihm noch fehlen: Auch jene Aspekte der Absichtlosigkeit, wo "es" uns nimmt in diese leichte, kreative Aufgehobenheit.
"Wir können diese Aufgehobenheit nicht machen, noch nicht einmal ent-decken. Sie nimmt uns auf, in einem Augenblick der Gegenwärtigkeit, der voraussetzungslosen Hingabe an des Wunder des Seins"
4. Juni 2008
Cortona: Inspirationen
Eigenartig, war die Nacht, die zweite meines diesjährigen Rückzugs in Cortona. Ich hatte den Eindruck dauernd wach zu liegen, jedoch völlig ausserhalb eines Zeitempfindens. Weit, tief und warm fühlte sich das Herz an, ohne sich auf irgendeinen Gegenstand oder Inhalt zu fokussieren. Eine feine Vibration – als licht oder kühl würde ich sie bezeichnen – durchpulste den ganzen Körper mit Haut und Haar. Das Phänomen schien vom Energiezentrum an der Schädeldecke auszugehen, aber auch mit den Energiewirbeln hinter der Stirn und dem Herzen verbunden zu sein.
Am Abend hatte ich noch in Sri Aurobindos[1] „The Life Divine“[2] gelesen. Im Winter hatte ich es einem spontanen Impuls folgend bestellt; vor zwei Wochen bezog sich meine Freundin Annette Kaiser[3] im Austausch unserer Erfahrungen auf die drei Schlusskapitel des Buches, die ich unbedingt lesen sollte. Im letzten Augenblick packte ich den schweren mehr als tausendseitigen Band noch ein, da er genau in eine Lücke im Gepäck für Cortona passte. Beim Lesen waren mir Passagen, die ich vor einigen Jahren als unverständlich zurückgewiesen hatte, plötzlich klar: es gibt in der Bewusstseinsentfaltung eine Phase, da die vitale und emotionale Natur des Menschen dem schon immer vorhandenen geistigen Potenzial ein Signal der Wandlungsbereitschaft vermittelt; ein Zeichen für den Beginn einen Prozess, den Aurobindo als Integration der in uns wirkenden Tiefe der Evolution in ein umfassenderes, spirituelles Bewusstsein beschreibt. Dieser Impuls seitens der inneren Natur, ist nicht willentlich machbar, ein Produkt der Reifung.
Schön wär’s, denke ich mir und spiele während meines Morgengangs zur Bar der Banchellis in Cortona sowie auf dem Rückweg über den Hügel von Santa Margherita mit meinen körperlichen Empfindungen. Die Haltung des zulassenden Beobachters führt mich während des Gehens in eine neue Erfahrung der Gegenwärtigkeit: Die kühle wie lichte Vibration erfüllt den Körper ganz fein vom Scheitel bis zu den Fusssohlen, bis hinein in die Zehen. Ja, sie scheint an den Körpergrenzen nicht Halt zu machen, ich spüre sie auch in der Erde, auf der ich gehe; nur einen Hauch von Bewusstseinstellung braucht es, um über die Körperempfindung hinaus in die grosse Einheit zu gelangen. Es ist ganz anders, ganz neu, und doch nicht fremd. Ich weiss nichts, augenblicklich, ausser dass ich die Erfahrung nicht begrenzen will, indem ich mir davon ein Konzept mache.
[1] Indischer Weisheitslehrer und Philosoph; Schöpfer einer differenzierten Synthese östlichen westlichen Denkens.
[2] Sri Aurobindo: The Live Divine, Lotus Press, Twin Lakes, WI 53181, USA
[3] Spirituelle Lehrerin in der Tradition Irina Tweedies
Am Abend hatte ich noch in Sri Aurobindos[1] „The Life Divine“[2] gelesen. Im Winter hatte ich es einem spontanen Impuls folgend bestellt; vor zwei Wochen bezog sich meine Freundin Annette Kaiser[3] im Austausch unserer Erfahrungen auf die drei Schlusskapitel des Buches, die ich unbedingt lesen sollte. Im letzten Augenblick packte ich den schweren mehr als tausendseitigen Band noch ein, da er genau in eine Lücke im Gepäck für Cortona passte. Beim Lesen waren mir Passagen, die ich vor einigen Jahren als unverständlich zurückgewiesen hatte, plötzlich klar: es gibt in der Bewusstseinsentfaltung eine Phase, da die vitale und emotionale Natur des Menschen dem schon immer vorhandenen geistigen Potenzial ein Signal der Wandlungsbereitschaft vermittelt; ein Zeichen für den Beginn einen Prozess, den Aurobindo als Integration der in uns wirkenden Tiefe der Evolution in ein umfassenderes, spirituelles Bewusstsein beschreibt. Dieser Impuls seitens der inneren Natur, ist nicht willentlich machbar, ein Produkt der Reifung.
Schön wär’s, denke ich mir und spiele während meines Morgengangs zur Bar der Banchellis in Cortona sowie auf dem Rückweg über den Hügel von Santa Margherita mit meinen körperlichen Empfindungen. Die Haltung des zulassenden Beobachters führt mich während des Gehens in eine neue Erfahrung der Gegenwärtigkeit: Die kühle wie lichte Vibration erfüllt den Körper ganz fein vom Scheitel bis zu den Fusssohlen, bis hinein in die Zehen. Ja, sie scheint an den Körpergrenzen nicht Halt zu machen, ich spüre sie auch in der Erde, auf der ich gehe; nur einen Hauch von Bewusstseinstellung braucht es, um über die Körperempfindung hinaus in die grosse Einheit zu gelangen. Es ist ganz anders, ganz neu, und doch nicht fremd. Ich weiss nichts, augenblicklich, ausser dass ich die Erfahrung nicht begrenzen will, indem ich mir davon ein Konzept mache.
[1] Indischer Weisheitslehrer und Philosoph; Schöpfer einer differenzierten Synthese östlichen westlichen Denkens.
[2] Sri Aurobindo: The Live Divine, Lotus Press, Twin Lakes, WI 53181, USA
[3] Spirituelle Lehrerin in der Tradition Irina Tweedies
3. Juni 2008
Cortona: Alte Wege, die inspirieren
Der Regen rauscht, draussen im üppigen Grün der Natur. Hell plätschert das Wasser aus dem Überlauf der Dachtraufe. Der mehrstimmige Wasserklang dringt durch die teils zerbrochenen Scheiben des alten Gewächshauses, wo mir meine Freunde einen idyllischen Arbeitsplatz bereitet haben. Der Kuckuck ruft, wie wenn er dadurch den fälligen Frühsommer heraufbeschwören wollte.
Direkt vor mir sucht ein Schmetterling das Freie: Unermüdlich fliegt er gegen die Verglasung an, das Loch, durch das er hineingekommen ist, vielleicht um Schutz vor dem Regen zu suchen, immer wieder knapp verfehlend. Soll ich intervenieren, ihm den Weg in die Freiheit zeigen? Seine Flügel sind zerbrechlich. Also lasse ich es sein. Ich könnte ihn ja auch erschrecken, noch weiter von der Öffnung weg verscheuchen? Da, wie er aufzugeben scheint, und sich ermüdet in den Spalt zwischen dem alten, leeren Blumentopf fallen lässt, noch ein letztes Aufflackern seiner Energie – und weg ist er, durch eine Lücke zwischen den angelehnten Scherben des Fensters. – Eine Lektion im Geschehenlassen: Handeln? Zeuge sein? Ich lasse es stehen, für den Augenblick.
Heute Morgen war es viel klarer, eindringlicher: Ich hatte nach meiner gestrigen Ankunft den ersten Morgenspaziergang nach Cortona unternommen: ein idyllischer Weg durch die olivenbestandenen Abhänge und Quertäler, die das Haus meiner Gastgeber von der mittelalterlichen Stadt trennen; ein Wiedersehen mit vom letzten Jahr her vertrauten Gassen und Plätzen, ein Espresso macchiato in jeder der beiden Bars, wo man mich noch zu kennen scheint. Wiedererinnern, auch auf dem Weg zurück: Es ist, wie wenn die Wege hier auch nach innen führten; unvermittelte Einsichten hatten auch letztes Jahr die Arbeit an meinem Buch „Eine Welt oder keine“ immer wieder auf unerwartete Weise inspiriert.
Diesmal zieht es mich einfach hinein, in die Seinsverbindung. Es ist still, so still wie noch nie; und weit, weit, weit. Und doch nehme ich den Weg wahr, gehe leicht über die bewachsenen, teilweise glitschigfeuchten Steine. Gleichzeitig bin ich mit dieser ruhigen Tiefe verbunden, in einem regungslosen Glück. – Mir fällt auf, wie anders dies ist, gegenüber jenen Aufwallungen von Glücksgefühlen und Dankbarkeit, das Herz überlaufend – und bei entsprechenden Gelegenheiten auch der Zunge. Auch die Dankbarkeit ist still und tief. Alles Aufgeregte ist zur Ruhe gekommen.
In den letzten Tagen hatte mich die Einsicht bewegt, dass wir in der Begegnung mit dem Sein unsere duale Natur dem bild- und wortlosen Mysterium hingeben, das wir durch die Benennung nur weiter von unserer Wahrnehmung wegrücken. Das war es nun: diese Begegnung, zu der ich mit meinen Gedanken vielleicht eine Verbindung geschaffen hatte, auf der sie nun wiederum mich erreichte und berührte? Eine Begegnung, die schon immer auf mich gewartet hatte? Geduldig, bis ich dazu bereit sein würde?
Und jenes überquellende Glücksgefühl des Herzens, war es nicht auch real und bei seinem erstmaligen Auftauchen nicht ebenso neu? Frisch fühlte es sich an, wie nach dem Eintritt durch eine bisher verborgene Tür. Mit vielen Menschen habe ich die Erfahrung geteilt, ihnen erzählt, von der Entfaltung des Bewusstseins; dabei die Erfahrung immer mehr zu meiner Eigenen gemacht, sie in Besitz genommen als Errungenschaft auf meinem Weg. Ganz unbemerkt muss sich die Erkenntnis dabei verfestigt haben, zu einem subtilen Schleier, der mich von der Kontinuität des Seins trennte.
Dann, heute Morgen kam ein Neues, diese nicht bewusst gesuchte Erfahrung, inspiriert durch ein Interview zwischen dem Biologen Rupert Sheldrake und dem Philosophen Ken Wilber, auf das ich – durch Zu-Fall gestossen war. Die Wege sind wunderbar und scheinen noch immer wunderbarer zu werden, indem wir dieser Begegnung der dualen Natur mit dem einfältigen Mysterium Vertrauen schenken. Ich werde mich auch hüten, diese Einsicht als Errungenschaft zu verfestigen: wer weiss, ob es überhaupt Grenzen gibt in dieser immer neuen Öffnung zum Einen?
Direkt vor mir sucht ein Schmetterling das Freie: Unermüdlich fliegt er gegen die Verglasung an, das Loch, durch das er hineingekommen ist, vielleicht um Schutz vor dem Regen zu suchen, immer wieder knapp verfehlend. Soll ich intervenieren, ihm den Weg in die Freiheit zeigen? Seine Flügel sind zerbrechlich. Also lasse ich es sein. Ich könnte ihn ja auch erschrecken, noch weiter von der Öffnung weg verscheuchen? Da, wie er aufzugeben scheint, und sich ermüdet in den Spalt zwischen dem alten, leeren Blumentopf fallen lässt, noch ein letztes Aufflackern seiner Energie – und weg ist er, durch eine Lücke zwischen den angelehnten Scherben des Fensters. – Eine Lektion im Geschehenlassen: Handeln? Zeuge sein? Ich lasse es stehen, für den Augenblick.
Heute Morgen war es viel klarer, eindringlicher: Ich hatte nach meiner gestrigen Ankunft den ersten Morgenspaziergang nach Cortona unternommen: ein idyllischer Weg durch die olivenbestandenen Abhänge und Quertäler, die das Haus meiner Gastgeber von der mittelalterlichen Stadt trennen; ein Wiedersehen mit vom letzten Jahr her vertrauten Gassen und Plätzen, ein Espresso macchiato in jeder der beiden Bars, wo man mich noch zu kennen scheint. Wiedererinnern, auch auf dem Weg zurück: Es ist, wie wenn die Wege hier auch nach innen führten; unvermittelte Einsichten hatten auch letztes Jahr die Arbeit an meinem Buch „Eine Welt oder keine“ immer wieder auf unerwartete Weise inspiriert.
Diesmal zieht es mich einfach hinein, in die Seinsverbindung. Es ist still, so still wie noch nie; und weit, weit, weit. Und doch nehme ich den Weg wahr, gehe leicht über die bewachsenen, teilweise glitschigfeuchten Steine. Gleichzeitig bin ich mit dieser ruhigen Tiefe verbunden, in einem regungslosen Glück. – Mir fällt auf, wie anders dies ist, gegenüber jenen Aufwallungen von Glücksgefühlen und Dankbarkeit, das Herz überlaufend – und bei entsprechenden Gelegenheiten auch der Zunge. Auch die Dankbarkeit ist still und tief. Alles Aufgeregte ist zur Ruhe gekommen.
In den letzten Tagen hatte mich die Einsicht bewegt, dass wir in der Begegnung mit dem Sein unsere duale Natur dem bild- und wortlosen Mysterium hingeben, das wir durch die Benennung nur weiter von unserer Wahrnehmung wegrücken. Das war es nun: diese Begegnung, zu der ich mit meinen Gedanken vielleicht eine Verbindung geschaffen hatte, auf der sie nun wiederum mich erreichte und berührte? Eine Begegnung, die schon immer auf mich gewartet hatte? Geduldig, bis ich dazu bereit sein würde?
Und jenes überquellende Glücksgefühl des Herzens, war es nicht auch real und bei seinem erstmaligen Auftauchen nicht ebenso neu? Frisch fühlte es sich an, wie nach dem Eintritt durch eine bisher verborgene Tür. Mit vielen Menschen habe ich die Erfahrung geteilt, ihnen erzählt, von der Entfaltung des Bewusstseins; dabei die Erfahrung immer mehr zu meiner Eigenen gemacht, sie in Besitz genommen als Errungenschaft auf meinem Weg. Ganz unbemerkt muss sich die Erkenntnis dabei verfestigt haben, zu einem subtilen Schleier, der mich von der Kontinuität des Seins trennte.
Dann, heute Morgen kam ein Neues, diese nicht bewusst gesuchte Erfahrung, inspiriert durch ein Interview zwischen dem Biologen Rupert Sheldrake und dem Philosophen Ken Wilber, auf das ich – durch Zu-Fall gestossen war. Die Wege sind wunderbar und scheinen noch immer wunderbarer zu werden, indem wir dieser Begegnung der dualen Natur mit dem einfältigen Mysterium Vertrauen schenken. Ich werde mich auch hüten, diese Einsicht als Errungenschaft zu verfestigen: wer weiss, ob es überhaupt Grenzen gibt in dieser immer neuen Öffnung zum Einen?
Relgiöse Aufgehobenheit: prä- und transrational
Am vergangenen Samstagvormittag stand für mich noch ein Kurzvortrag auf dem Programm; als letzte Verpflichtung vor der Abreise in meinen Rückzug nach Cortona, wo ich inzwischen glücklich angekommen bin. Es galt, die neue Reihe der „Berner Kulturgespräche“ zu eröffnen; mit einem Dialog zum Thema „Wirtschaft zum Wohl der Weltgemeinschaft“, den mein Freund Toni Gunzinger, Unternehmer und ETH-Professor, und ich mit je einem inhaltlichen Impuls einleiteten.
Seit einiger Zeit wage ich es immer konsequenter, bei meinen Vorträgen auf ein Manuskript zu verzichten und auch die Stichworte zum Ablauf möglichst knapp zu halten. Je weiter ich zudem diese minimale Vorbereitung zeitlich hinausschiebe, umso mehr zwinge ich mich in eine Hingabe an den Augenblick und die Öffnung für Impulse zu jenen Aspekten, die der jeweiligen Zuhörerschaft am besten dienen. Diese Offenheit setzt eine ständige Bereitschaft zum Loslassen von Konzepten zugunsten des Unerwarteten voraus; das Vertrauen in diese Quelle der Intuition wächst in dem Masse, wie wir nicht nur achtsam hören, sondern ihre Impulse ernst nehmen und ihnen folgen.
Dem vergangenen Samstag verdanke ich eine derartige Erfahrung: Während meiner Yoga-Übungen am frühen Morgen fiel mir das Bild jener Flut von Autos ein, die vor zwei Tagen den grossen Parkplatz unseres Dorfes gegenüber der Kirche sowie die angrenzenden Nebenstrassen überschwemmt hatte. Eine ältere Einwohnerin des Nachbardorfs, das mit dem unsrigen die Kirche teilt, sei gestorben, hatte ich auf meine Nachfrage hin erfahren.
Diese breite Anteilnahme am Tod einer Mitbürgerin schien mich auf einer tieferen Ebene anzusprechen. Ich sah vor mir, wie – wohl noch bis ins letzte Jahrhundert hinein – eine Dorfgemeinschaft den ganzen Fluss von Werden und Sterben mit religiösen Feiern, Festen und Ritualen umgab. Nicht nur die persönlichen und familiären Angelegenheiten, auch die profanen Aspekte des Gemeindelebens, des bäuerlichen wie des gewerblichen Alltags waren in dieser Glaubensgemeinschaft aufgehoben; was immer geschah, ereignete sich im Rahmen der Kirchgemeinde. Darüber wachte ein Gott, dessen Wohlgefallen es zu erwerben galt, durch die Fürsprache des Sohnes, des heiligen Geistes und der Heiligen; den gottverlassenen Sündern warteten Fegefeuer und Hölle.
Dass diese Art von Aufgehobenheit im Gefolge der Aufklärung und später der 68er Jahre zerfiel und weiter zerfällt war und ist die natürliche Begleiterscheinung der evolutiven Entfaltung des menschlichen Bewusstseins. Von der westlichen Welt ausgehend, erfasst diese Entwicklung nach und nach immer weitere Völker und spirituelle Traditionen; dies nicht zuletzt, weil sich die kirchlichen und spirituellen Institutionen noch immer dem Wandel widersetzen, sich eher in beliebiger Anbiederung übend, als den Menschen, die daran waren und es noch sind, ihre individuelle Denkfähigkeit zu entdecken, ein umfassenderes Verständnis von Religiosität anzubieten.
Als Folge dieses Verlustes der Aufgehobenheit im Mythos erleben wir heute eine Welt, die vom Streben nach Sicherheit und Aufgehobenheit in äusseren Dingen gekennzeichnet ist; im dramatischsten Sinne des Wortes, wenn wir die Kollateralschäden wahrnehmen, die das unersättliche Erfolgsstreben anrichtet: im Bereich der Biosphäre, wie auch innerhalb der menschlichen Gemeinschaft.
Wie wunderbar würde sich diese, dem eigenen Erleben entsprungene Sicht als Einleitung in den heutigen Kurzvortrag eignen; als ein Plädoyer für eine globale, die einzelnen Religionen und spirituellen Traditionen zugleich übersteigende und umfassende Spiritualität! Eine Spiritualität jenseits der von Mythen geprägten Gottesbilder, lebend aus der Hingabe an die wort- und bildfreie eine Weisheit und Liebe! Als Basis einer gemeinschaftsdienlichen Wirtschaft.
Doch damit nicht genug: Wenige Minuten vor Beginn der Veranstaltung meinte ein befreundeter protestantischer Theologe, mit dem ich eben „meine“ neuen Einsichten teilte, dass der Bildersturm der Reformation genau diesen Verzicht auf die Verankerung des Glaubens an äusseren Bildern gewollt hätte; entsprechend dem zweiten Gebot: „Du sollst Dir kein Bildnis machen“. Ich war perplex; denn ich hatte wohl um die historischen Vorgänge gewusst, sie jedoch nie in diesen tieferen Zusammenhang gestellt. Es ist klar: Unser wirkliches Verständnis vermag nicht über die Weite unseres Bewusstseins hinauszureichen; Weite und Tiefe bedingen sich gegenseitig.
Der inspirierte Vortrag berührte die Zuhörer. Mein Gewinn war ein tieferes Verständnis für das Wesen der Evolution: Ein stetes Spiel, vom Finden neuer Denkweisen, die sich mit ihrer Bewährung in Konzepten verhärten, im Sog nach umfassenderer Erkenntnis wieder brüchig werden und schliesslich zerfallen, nur um wieder Raum für umfassenderes Verstehen zu schaffen. Dass es dazu, wie im Falle der Reformation, die wir im Fluss der Geschichte auch als Vorbereitung der Aufklärung sehen können, in deren späterer Ausdruck von Gleichheit und Brüderlichkeit ein rigider Kommunismus aufkeimte und wieder verging, oft mehrer Anläufe bedarf, gehört zum Spiel. Durch das unablässige Tasten der Evolution in neue Räume und die damit verbundenen Erfahrungen verändert sich die Gestalt des ursprünglichen Impulses, bis seine Form einer Mehrheit der betroffenen Menschen als glaubwürdig einleuchtet und durch die übereinstimmende Akzeptanz eine – zeitlich begrenzte - Stabilität erhält.
Seit einiger Zeit wage ich es immer konsequenter, bei meinen Vorträgen auf ein Manuskript zu verzichten und auch die Stichworte zum Ablauf möglichst knapp zu halten. Je weiter ich zudem diese minimale Vorbereitung zeitlich hinausschiebe, umso mehr zwinge ich mich in eine Hingabe an den Augenblick und die Öffnung für Impulse zu jenen Aspekten, die der jeweiligen Zuhörerschaft am besten dienen. Diese Offenheit setzt eine ständige Bereitschaft zum Loslassen von Konzepten zugunsten des Unerwarteten voraus; das Vertrauen in diese Quelle der Intuition wächst in dem Masse, wie wir nicht nur achtsam hören, sondern ihre Impulse ernst nehmen und ihnen folgen.
Dem vergangenen Samstag verdanke ich eine derartige Erfahrung: Während meiner Yoga-Übungen am frühen Morgen fiel mir das Bild jener Flut von Autos ein, die vor zwei Tagen den grossen Parkplatz unseres Dorfes gegenüber der Kirche sowie die angrenzenden Nebenstrassen überschwemmt hatte. Eine ältere Einwohnerin des Nachbardorfs, das mit dem unsrigen die Kirche teilt, sei gestorben, hatte ich auf meine Nachfrage hin erfahren.
Diese breite Anteilnahme am Tod einer Mitbürgerin schien mich auf einer tieferen Ebene anzusprechen. Ich sah vor mir, wie – wohl noch bis ins letzte Jahrhundert hinein – eine Dorfgemeinschaft den ganzen Fluss von Werden und Sterben mit religiösen Feiern, Festen und Ritualen umgab. Nicht nur die persönlichen und familiären Angelegenheiten, auch die profanen Aspekte des Gemeindelebens, des bäuerlichen wie des gewerblichen Alltags waren in dieser Glaubensgemeinschaft aufgehoben; was immer geschah, ereignete sich im Rahmen der Kirchgemeinde. Darüber wachte ein Gott, dessen Wohlgefallen es zu erwerben galt, durch die Fürsprache des Sohnes, des heiligen Geistes und der Heiligen; den gottverlassenen Sündern warteten Fegefeuer und Hölle.
Dass diese Art von Aufgehobenheit im Gefolge der Aufklärung und später der 68er Jahre zerfiel und weiter zerfällt war und ist die natürliche Begleiterscheinung der evolutiven Entfaltung des menschlichen Bewusstseins. Von der westlichen Welt ausgehend, erfasst diese Entwicklung nach und nach immer weitere Völker und spirituelle Traditionen; dies nicht zuletzt, weil sich die kirchlichen und spirituellen Institutionen noch immer dem Wandel widersetzen, sich eher in beliebiger Anbiederung übend, als den Menschen, die daran waren und es noch sind, ihre individuelle Denkfähigkeit zu entdecken, ein umfassenderes Verständnis von Religiosität anzubieten.
Als Folge dieses Verlustes der Aufgehobenheit im Mythos erleben wir heute eine Welt, die vom Streben nach Sicherheit und Aufgehobenheit in äusseren Dingen gekennzeichnet ist; im dramatischsten Sinne des Wortes, wenn wir die Kollateralschäden wahrnehmen, die das unersättliche Erfolgsstreben anrichtet: im Bereich der Biosphäre, wie auch innerhalb der menschlichen Gemeinschaft.
Wie wunderbar würde sich diese, dem eigenen Erleben entsprungene Sicht als Einleitung in den heutigen Kurzvortrag eignen; als ein Plädoyer für eine globale, die einzelnen Religionen und spirituellen Traditionen zugleich übersteigende und umfassende Spiritualität! Eine Spiritualität jenseits der von Mythen geprägten Gottesbilder, lebend aus der Hingabe an die wort- und bildfreie eine Weisheit und Liebe! Als Basis einer gemeinschaftsdienlichen Wirtschaft.
Doch damit nicht genug: Wenige Minuten vor Beginn der Veranstaltung meinte ein befreundeter protestantischer Theologe, mit dem ich eben „meine“ neuen Einsichten teilte, dass der Bildersturm der Reformation genau diesen Verzicht auf die Verankerung des Glaubens an äusseren Bildern gewollt hätte; entsprechend dem zweiten Gebot: „Du sollst Dir kein Bildnis machen“. Ich war perplex; denn ich hatte wohl um die historischen Vorgänge gewusst, sie jedoch nie in diesen tieferen Zusammenhang gestellt. Es ist klar: Unser wirkliches Verständnis vermag nicht über die Weite unseres Bewusstseins hinauszureichen; Weite und Tiefe bedingen sich gegenseitig.
Der inspirierte Vortrag berührte die Zuhörer. Mein Gewinn war ein tieferes Verständnis für das Wesen der Evolution: Ein stetes Spiel, vom Finden neuer Denkweisen, die sich mit ihrer Bewährung in Konzepten verhärten, im Sog nach umfassenderer Erkenntnis wieder brüchig werden und schliesslich zerfallen, nur um wieder Raum für umfassenderes Verstehen zu schaffen. Dass es dazu, wie im Falle der Reformation, die wir im Fluss der Geschichte auch als Vorbereitung der Aufklärung sehen können, in deren späterer Ausdruck von Gleichheit und Brüderlichkeit ein rigider Kommunismus aufkeimte und wieder verging, oft mehrer Anläufe bedarf, gehört zum Spiel. Durch das unablässige Tasten der Evolution in neue Räume und die damit verbundenen Erfahrungen verändert sich die Gestalt des ursprünglichen Impulses, bis seine Form einer Mehrheit der betroffenen Menschen als glaubwürdig einleuchtet und durch die übereinstimmende Akzeptanz eine – zeitlich begrenzte - Stabilität erhält.
2. Juni 2008
Globales Bewusstsein und globales Mitgefühl
Ich sitze im Zug nach Cortona. Die Fahrt wird lang sein. Eben haben wir Brig erreicht; dank dem Lötschberg-Basistunnel in nur 90 Minuten ab Fribourg. Um 15.30 werde ich gemäss Fahrplan in Cortona eintreffen und dort von Freunden abgeholt werden, in deren Haus ich die ersten 5 Tage verbringen darf. Anschliessende wechsle ich in ein kleines Haus in der Altstadt von Cortona, das ich für die verbleibende Zeit gemietet habe.
In der NZZ habe ich soeben einen Artikel des australischen Ethikers Peter Singer gelesen: „Wer sich moralischer Verpflichtungen entzieht, wird unglücklich“. Singer verwendet dabei den Ausdruck „Moral“ nicht im Sinne auferlegter Konventionen; er meint damit eher eine Art von unspektakulärer, auf die Bedürfnisse der augenblicklichen Situation ausgerichteter, ethischer Vernunft; ich würde sie als „Logik des Herzens“ bezeichnen.
Folgendes von ihm angeführte Gedankenexperiment, mit dem er seine Vorträge über Weltarmut und Ethik einzuleiten pflegt, ist dafür beispielgebend: „Ich bitte meine Zuhörer, sich vorzustellen, dass sie an einem Teich vorbeikommen, in dem ein Kind ertrinkt. Es ist niemand anders da, der helfen könnte. Durch die Rettungsaktion würde man allerdings seine feine Kleidung ruinieren. Fast alle sind überzeugt, dass man unter solchen Umständen eine Pflicht hat – lieber würde ich sagen, dass man dem inneren Ruf folgt – das Kind zu retten, auch wenn man dabei seine teuren Schuhe ruinieren muss. Und nun frage ich, wie sich diese Situation von der unterscheidet, in der wir uns gegenüber den ärmsten Bewohnern dieser Erde befinden. Würden wir auf ein paar teure Konsumgüter verzichten und den entsprechenden Geldbetrag stattdessen spenden, so könnten wir damit das Leben vieler Menschen retten. Viele Leute weitern sich aber zuzugeben, dass sie gegenüber den Ärmsten der Welt Pflichten haben, die vergleichbar sind mit der Pflicht gegenüber jenem ertrinkenden Kind im Teich. Aus ethischer Sicht sehe ich jedoch keinen Unterschied.“
Die mehrfache Verwendung des Wortes „Pflicht“ hat mich zuerst irritiert, weil ich damit rasch an durch Konventionen auferlegtes Verhalten denke. Auch wenn ich dieses gegenüber der Logik des Herzens als „minderwertig“ empfinde, muss ich gestehen, dass der falsch verstandene Individualismus Vieler dafür spricht, eine (noch) nicht vorhandene natürliche Rücksichtnahme durch moralische Regeln gemeinschaftsdienlichen Verhaltens zu sichern. Auch die Option des Geldspendens muss sorgfältig bedacht sein; nicht immer ist finanzielle Hilfe der beste Weg zu einer nachhaltigen Befreiung Notleidender aus ihrem Leid.
Was der Vergleich für mich zeigt, ist der Zusammenhang von Bewusstseinsentfaltung und empfundener Weite des Mitgefühls. Wenn die Bereitschaft mitzufühlen sich im Bewusstsein der Sippen- und Stämme auf den Kreis der Nächsten beschränkte und im Kampf um Lebensraum bereits der Nachbar als möglicherweise zu bekämpfender Fremder gesehen wurde, so dehnte sich die Weite des Mitgefühls im Verlauf der Geschichte über die Allernächsten hinaus, Ethnien und Nationen einschliessend. Allerdings steckt die Mehrheit der Menschen auch heute noch in grösseren und kleineren Konflikten um ethnische oder nationale Abgrenzung fest. Die als natürlich empfundenen Grenzen vom Eigenen zum Fremden sind nach wie vor eng; erst ein verschwindend kleiner Teil der Menschheit ist dazu fähig – geschweige denn bereit - globale Zusammenhänge aus einem umfassenden Mitgefühl wahrzunehmen und dementsprechend aus einer natürlichen Logik des Herzens zu handeln. Singers Vergleich spricht dafür eine deutliche Sprache.
Der Weg zur globalen Mitverantwortung wird lang sein, und - wie ich fürchte - auch konfliktreich; ich vermag mit bestem Willen nicht einmal eine signifikante Minderheit global Empfindender und Handelnder auszumachen. Die nächste Zukunft braucht vor allem Leader – auch im Bereich der Politik und der Medien – welche die Position globalen Wohlergehens wahr- und einzunehmen vermögen; die fähig und willens sind, ihre Einsicht in die Notwendigkeit globaler Rahmendbedingungen einer blinden und schweigenden Mehrheit glaubhaft zu machen; Rahmenbedingungen, welche mit Sicherheit die Souveränität der Nationalstaaten beschneiden und dabei auch den Lebensstil der Einzelnen begrenzen werden.
Globalisierung des Bewusstseins meint mehr als die unendliche Geschichte der frühen Eroberungszüge, des Kolonialismus, der globalisierten Wirtschaft: Es geht um angewandte Herzenslogik aus einer den ganzen Globus umfassenden Sicht. Auch – oder vielleicht: ausgerechnet - die „schädlichen“ Entwicklungen können uns zu einem Sprung in ein neues Bewusstsein führen: Das Wohlergehen der Einzelnen ist vom Wohlergehen der ganzen Menschheit und ihrer Lebenssphäre abhängig. Kollaps – in welcher Form auch immer: Klima, Wasser, Krieg, Terrorismus, Finanzen – heisst die andere Option. Für den Fall ihres Eintritts dürfen wir uns immerhin damit trösten, dass die Natur auf das Verschwinden der Menschheit mit einem grossen Aufblühen reagieren würde.
In der NZZ habe ich soeben einen Artikel des australischen Ethikers Peter Singer gelesen: „Wer sich moralischer Verpflichtungen entzieht, wird unglücklich“. Singer verwendet dabei den Ausdruck „Moral“ nicht im Sinne auferlegter Konventionen; er meint damit eher eine Art von unspektakulärer, auf die Bedürfnisse der augenblicklichen Situation ausgerichteter, ethischer Vernunft; ich würde sie als „Logik des Herzens“ bezeichnen.
Folgendes von ihm angeführte Gedankenexperiment, mit dem er seine Vorträge über Weltarmut und Ethik einzuleiten pflegt, ist dafür beispielgebend: „Ich bitte meine Zuhörer, sich vorzustellen, dass sie an einem Teich vorbeikommen, in dem ein Kind ertrinkt. Es ist niemand anders da, der helfen könnte. Durch die Rettungsaktion würde man allerdings seine feine Kleidung ruinieren. Fast alle sind überzeugt, dass man unter solchen Umständen eine Pflicht hat – lieber würde ich sagen, dass man dem inneren Ruf folgt – das Kind zu retten, auch wenn man dabei seine teuren Schuhe ruinieren muss. Und nun frage ich, wie sich diese Situation von der unterscheidet, in der wir uns gegenüber den ärmsten Bewohnern dieser Erde befinden. Würden wir auf ein paar teure Konsumgüter verzichten und den entsprechenden Geldbetrag stattdessen spenden, so könnten wir damit das Leben vieler Menschen retten. Viele Leute weitern sich aber zuzugeben, dass sie gegenüber den Ärmsten der Welt Pflichten haben, die vergleichbar sind mit der Pflicht gegenüber jenem ertrinkenden Kind im Teich. Aus ethischer Sicht sehe ich jedoch keinen Unterschied.“
Die mehrfache Verwendung des Wortes „Pflicht“ hat mich zuerst irritiert, weil ich damit rasch an durch Konventionen auferlegtes Verhalten denke. Auch wenn ich dieses gegenüber der Logik des Herzens als „minderwertig“ empfinde, muss ich gestehen, dass der falsch verstandene Individualismus Vieler dafür spricht, eine (noch) nicht vorhandene natürliche Rücksichtnahme durch moralische Regeln gemeinschaftsdienlichen Verhaltens zu sichern. Auch die Option des Geldspendens muss sorgfältig bedacht sein; nicht immer ist finanzielle Hilfe der beste Weg zu einer nachhaltigen Befreiung Notleidender aus ihrem Leid.
Was der Vergleich für mich zeigt, ist der Zusammenhang von Bewusstseinsentfaltung und empfundener Weite des Mitgefühls. Wenn die Bereitschaft mitzufühlen sich im Bewusstsein der Sippen- und Stämme auf den Kreis der Nächsten beschränkte und im Kampf um Lebensraum bereits der Nachbar als möglicherweise zu bekämpfender Fremder gesehen wurde, so dehnte sich die Weite des Mitgefühls im Verlauf der Geschichte über die Allernächsten hinaus, Ethnien und Nationen einschliessend. Allerdings steckt die Mehrheit der Menschen auch heute noch in grösseren und kleineren Konflikten um ethnische oder nationale Abgrenzung fest. Die als natürlich empfundenen Grenzen vom Eigenen zum Fremden sind nach wie vor eng; erst ein verschwindend kleiner Teil der Menschheit ist dazu fähig – geschweige denn bereit - globale Zusammenhänge aus einem umfassenden Mitgefühl wahrzunehmen und dementsprechend aus einer natürlichen Logik des Herzens zu handeln. Singers Vergleich spricht dafür eine deutliche Sprache.
Der Weg zur globalen Mitverantwortung wird lang sein, und - wie ich fürchte - auch konfliktreich; ich vermag mit bestem Willen nicht einmal eine signifikante Minderheit global Empfindender und Handelnder auszumachen. Die nächste Zukunft braucht vor allem Leader – auch im Bereich der Politik und der Medien – welche die Position globalen Wohlergehens wahr- und einzunehmen vermögen; die fähig und willens sind, ihre Einsicht in die Notwendigkeit globaler Rahmendbedingungen einer blinden und schweigenden Mehrheit glaubhaft zu machen; Rahmenbedingungen, welche mit Sicherheit die Souveränität der Nationalstaaten beschneiden und dabei auch den Lebensstil der Einzelnen begrenzen werden.
Globalisierung des Bewusstseins meint mehr als die unendliche Geschichte der frühen Eroberungszüge, des Kolonialismus, der globalisierten Wirtschaft: Es geht um angewandte Herzenslogik aus einer den ganzen Globus umfassenden Sicht. Auch – oder vielleicht: ausgerechnet - die „schädlichen“ Entwicklungen können uns zu einem Sprung in ein neues Bewusstsein führen: Das Wohlergehen der Einzelnen ist vom Wohlergehen der ganzen Menschheit und ihrer Lebenssphäre abhängig. Kollaps – in welcher Form auch immer: Klima, Wasser, Krieg, Terrorismus, Finanzen – heisst die andere Option. Für den Fall ihres Eintritts dürfen wir uns immerhin damit trösten, dass die Natur auf das Verschwinden der Menschheit mit einem grossen Aufblühen reagieren würde.
1. Juni 2008
Multidimensionale Tempelrituale - Nachtrag
Dieser Tage bekamen wir Post aus Indien: Eine Einladung zu einer grossen Zeremonie im Narasimha-Tempel in Mysore. Das ist die Gelegenheit, Narasimha, die Inkarnation Vishnus in Löwengestalt, auch im Bild zu zeigen. Siehe auch die Berichte vom 11.-13. Januar 2008.
Morgen früh fahre ich für einen vierwöchigen Rückzug nach Cortona. Ich freue mich; auch darauf, in Form dieser Notizen wieder häufiger meine Gedanken zu teilen.
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