Mehr als zwei Jahre sind es seit dem letzten Blog-Eintrag her. Nicht dass in der Zeit wenig geschehen wäre. Im Gegenteil: es war so viel, dass ich kaum je zum schreiben kam. Nun habe ich mir seit längerem geplant, mehr Zeit für mich selbst auferlegt, habe auf unbestimmte Zeit hinaus auf Vorträge und Workshops verzichtet, mich auch von den wenigen, noch verbleibenden institutionellen Aufgaben zurück gezogen. Offensichtlich - wie der Beginn der folgenden Aufzeichnungen deutlich macht - in weiser Voraussicht.
Weiterhin begleite ich einzelne Menschen auf ihrem Weg der Bewusstseinsentfaltung, die immer auch eine spirituelle ist. Neben der noch immer zu meinen Favoriten gehörenden "5-Tages-Retreat" haben sich auch andere Formen des spirituellen Coachings entwickelt: Einzelsitzungen von meist 1 1/2 Stunden Dauer, in loser Folge, aber auch halb- und ganztägige Einzelarbeit mit einem speziellen Fokus.
Hier nun ein aktueller Eintrag, der im Schreiben weiter und länger geworden ist, als anfänglich beabsichtigt:
Seit
einigen Tagen (oder Wochen) fühle ich mich müde und „leistungsunwillig“, warte
auf äussere Umtriebe, die mich zur Tätigkeit provozieren, ertrage auch den
Alkohol nicht gut; schon nach einem Glas Wein fühle ich mich schwer und passiv.
Die Blutwerte stimmen. Doch schlafe ich oft oberflächlich; ich habe den
Eindruck, wach zu sein, merke aber am verpassten Glockenschlag der
Kirchturmuhr, dass ich „weg“ gewesen sein muss.
Als ich
dies bei Gelegenheit meinem Freund Greg erzähle und finde, dass ich auf diese
Weise meine Rolle in dieser Welt nicht wahrnehme, meint er, ich hätte mit der
Heilungswolke eine Riesenarbeit geleistet, von der ich mich mit Grund erholen
und mir Ruhe gönnen sollte.
Es
fällt mir schwer, die Vision einer kosmischen Heilungswolke als Arbeit zu
bezeichnen, denn ich blicke lediglich hin und wieder zu ihr hin und bitte mein
Selbst diese mich weit übersteigende Arbeit zu tun. Trotzdem scheint etwas zu
werden: Wenn ich mich über die „Verlängerung des Steissbeins“ nach unten in die
Vorstellung eines „Black (W)hole“, aus dem ständig das Universum neu entspringt,
und über mich hinaus bis an die äussersten Ränder des immerfort expandierenden
Universums verbinde, entsteht eine unheimlich starke Energiespannung. Das für
mich unfassbare Ganze wirkt so intensiv und weit; dies nur schon eine Weile im
Bewusstsein zu halten, ist enorm anstrengend, an der Grenze des Ertragbaren.
Anders
ist die Vorstellung, sich als „kleiner Mensch“, als ein Sandkorn im Universum,
da hinein zu legen. Das ist tiefste Süssigkeit und Sicherheit im geborgen Sein.
Es ist auch nicht schwierig, andere Menschen in diesen Raum zu geleiten. Er
scheint unserer tiefsten Sehnsucht zu nach unbedingter Geborgenheit zu
entsprechen.
So
fragte mich gestern eine junge Frau zum Abschluss ihres fünftägigen
Bewusstseinsprozesses, wie sie aus den erfahrenen Dimensionen tieferen Seins
wieder in den Alltag zurückfinden könne. Ich lud sie ein, sich zu entspannen
und sich sanft in das sie umgebende Feld der Geborgenheit hinein sinken zu
lassen; wie in ein warmes Bad, nach und nach mit dem ganzen Wesen. Die
Meditationshaltung, die einzunehmen sie im Begriff war, erschien mir als schon
zu viel des Machens, des etwas tun oder bewirken Wollens. Ein Impuls der
Hingabe an das uns umfassende Sein reiche aus, damit es sie so weit aufnehme,
wie sie sich geben könne; warum nicht rückhaltlos, mit Haut und Haar? Sich ganz
und gar nehmen lassen, bis hinein in jede Zelle, mitsamt allen Emotions- und
Denkmustern?
In
diesem Zustand des nichts mehr Wollens und Müssens sprach ich sie an als „Du,
Eines Sein, bitte jetzt um ein Bild jenes einzigartigen Seins-Funkens, der
Essenz der einmaligen Potenziale, die durch das Leben von Claudia Leben der
Verwirklichung warten“. Ihrem Gesichtsausdruck war die durch eine subtile Gegenwart
ausgelöste Zärtlichkeit anzusehen. So bat ich sie als nächstes, nun ganz in
dieses Einzigartige Selbst, ihren Wesenskern, hinein zu rutschen, und sich tief
auf diese Seinsqualität einzulassen, sie zu spüren, sich ganz mit ihr zu
verbinden.
Auch das
folgende innere Bild der Claudia, wie sie jetzt entspannt im bequemen Lehnstuhl
meines Praxisraums sitzt, löste in ihr tiefe Zuneigung und Wärme aus. Dann
tauchte sie in einem letzten Schritt wieder ganz und gar ins
seelisch-körperliche Wesen von Claudia ein; als im Leben stehender und seinen
Herausforderungen zugewandter Mensch, der um seinen unverlierbaren Urgrund und
die Leuchtkraft seines einzigartigen Selbstes weiss.
Claudia
weiss auch, dass der Alltag ihr nicht gestatten wird, unangefochten in diesem
gesegneten Zustand zu verharren. Die Spuren der Evolution der Materie, des
Lebens und des menschlichen Bewusstseins sind in uns stets lebendig. Unzählige
Schichten von Konditionierungen durch glückliche wie schmerzliche Erfahrungen
haben sich auf verschiedenen Erinnerungsebenen, bis hinein in das Zellgedächtnis
eingeprägt. Immer wieder werden Ereignisse des täglichen Lebens Resonanz in alten
Erfahrungsmustern auslösen und Erinnerungen wach rufen, die sich aus dem
Unbewussten als Emotionen erheben und unsere Wahrnehmung färben oder gar
überschwemmen.
Wo
bleibt dann diese selige Geborgenheit, wenn wir uns nicht willentlich mit ihr
rückverbinden? Nicht als Flucht aus einem als „Dunkel des Daseins“ empfundenen
Lebensverständnis, sondern um uns den aus dem Unbewussten heranstürmenden Wellen
liebevoll zuzuwenden. Allein, indem wir diese bedrohlichen Gestalten mit
offenem Herzen wahr- und annehmen haben wir uns im Grunde schon aus dem Bereich
ihrer magischen Anziehungskraft herausgenommen: wir sind nicht unsere Überlebensimpulse
noch die von ihnen ausgelösten Emotionen und Denkmuster; sie sind lebendig in
uns als Phänomene, die erst einmal gehört werden wollen. Und alle jene, welche
die Erfahrung gemacht haben, wissen, wie derartige Wellen sich vielleicht
nochmals zu imposanter Grösse aufbäumen können, um sich schliesslich zu
erschöpfen und ihre Ruhe zu finden. Darauf können wir uns verlassen: Die Kraft
des aus der Hingabe an das Selbst strahlenden Herzens vermag, äusserste
Verzweiflung und Schrecken sowie vehementest abgelehnte Emotionen und
Mechanismen zur Ruhe zu bringen, und schliesslich, mit zärtlicher
Unnachgiebigkeit, die sie erzeugenden Prägungen zu wandeln.
Wenn
wir mit dieser Haltung den alltäglichen Herausforderungen entgegen gehen, so
werden diese zu einer Art „Hüter der Schwelle“, der als oft unbequemer, aber
letztlich unser Wohl meinender Begleiter jene Prägungen antippt, die jetzt
erlöst sein wollen.
Nicht nur wird aus dieser Sicht der Alltag zum Ort
unserer individuellen Bewusstseinsentfaltung. Da wir über unser individuelles
Sein und unser unmittelbares Umfeld hinaus auch ein Aspekt des kollektiven
Bewusstseins der Menschheit und gar der Evolution Kosmos sind, ist weder ein
Ende unseres Weges abzusehen, noch die Tragweite unserer Erkenntnisse zu ermessen.
Denken wir doch an die aus der Chaostheorie stammende Metapher vom
Schmetterling der mit seinem Flügelschlag den Orkan auf der andern Seite des
Erdballs auslöst.
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