6. November 2008

Verunsicherung: Erinnerung an das Wesentliche!

Mehr als ein Monat ist seit meinem letzten Eintrag vergangen. Dabei war die Zeit keineswegs ereignislos: im Gegenteil. Trotz vielen Inspirationen - oder vielleicht gerade deshalb - habe ich für meine Tagesnotizen (zu) wenig Zeit gefunden. So packe ich es denn wieder an, mit einer kleinen, aber vielleicht doch wichtigen Einsicht.

Ende Oktober kamen zwei Kongresse in Garmisch-Partenkirchen und in München zusammen. Am einen Tag stand ein Vortrag und ein Workshop-Nachmittag am ZIST-Kongress auf dem Programm. Am nächsten Vormittag reiste ich weiter nach München, für einen Vortrag am CITTA-Kongress am Nachmittag.

Ich hatte mich innerlich wohl auf die Vorträge vorbereitet und die Abläufe auch gedanklich strukturiert. Obwohl ich die dafür notwendige Zeit frei gehalten hatte, mochte ich mich jedoch durchaus nicht dazu überwinden, irgendwelche Sätze zu formulieren und aufzuschreiben. Eine "pflichtbewusste" Stimme in mir empfand dies als absolut fahrlässig und schaffte es auch, mich immer wieder zu verunsichern. Wenn immer ich mich dann niedersetzen wollte, sagte ein anderer innerer Mitspieler, dass ich besser daran täte, zu den Hörern mit ihren augenblicklichen Bedürfnissen zu sprechen und dazu auf die Inspiration aus der Gegenwärtigkeit zu vertrauen.

Als ich in Garmisch zum Rederpodium schritt, legte ich meine Stichworte aufs Rednerpult. merkte aber bald, dass mich der Blick auf die Notiz von dem ablenkte, was jetzt gesagt sein sollte. So liess ich es geschehen, sprach während rund einer Stunde aus dem Herzen und spürte wie es im Saal immer stiller wurde. Dass ich das Publikum dabei nicht eingeschläfert hatte, merkte ich an der "Standing Ovation" am Schluss: die Zuhörerschaft war sichtlich berührt.

Der nachmittägliche Workshop, den ich mit Ausnahme der Eröffnung in keiner Weise vorbereitet hatte, verlief auf ebenso glückliche Weise, nicht anders auch der Vortrag in München am nächsten Tag.

Eine Kraft, die über mein Wollen hinausgeht, scheint mich getragen zu haben. Nicht nur, dass sich in einem ruhigen Fluss die richtigen Gedanken und Worte einstellten; vielleicht waren die Worte sogar weniger wichtig, als die Herzenergie, der sie gewissermassen aufmoduliert waren. Ich weiss es nicht.

Was ich aber ganz sicher weiss: Die Stimme der Verunsicherung ist derzeit für mich ganz wesentlich. Sie veranlasst mich, im entscheidenden Augenblick zur Hingabe an das Grössere in mir, das mich dann so erfüllt, dass es mit den Hörern geteilt sein will. Ohne diese Verunsicherung würde wohl mein ICH die Sache übernehmen und mich von der Quelle wegführen. Es ist durchaus möglich, dass sich dies noch ändern wird. Dann vielleicht, wenn ich nie mehr vergesse, dass ich Ausdruck des Einen in einer menschlichen Gestalt bin und auf meine Weise zur Entfaltung des Bewusstseins in dieser Welt beitrage.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Lieber Hans Jecklin,
nicht nur, dass mich Ihre Worte auf dem Symposion "Transkonfessionelle Spiritualität" am Benediktushof tief berührt haben. Sie tun es auch jetzt, wo ich Ihre Zeilen lese.
Danke.
Dass es Menschen wie Sie gibt, lässt mich an die Liebe glauben.
Herzlichst
Dietmar