Unsere Ayurveda-Kur geht jetzt in ihre dritte Woche. Ich fuehle mich immer mehr bei mir selbst angekommen. Heute Vormittag bekam ich zum dritten Mal in der Folge eine wunderbar sanfte Behandlung: Waehrend ich ausgestreckt auf einem massiven Holztisch liege - leicht bombiert gegen die Mitte zu, tiefer an den Raendern und gegen das Fussende, damit das Oel abfliessen und erneut angewendet werden kann - werde ich in verschiedenen Koerperlagen - auf dem Bauch, auf dem Ruecken und seitlich liegend, sowie sitzend - ganz langsam mit gewaermtem, mit Heilkraeutern waehrend Tagen zubereiteten Oel uebergossen. Synchron tauchen die beiden ihre Stofflappen ins Oelbecken und pressen ihn so aus, dass waehrend ihren Bewegungen ueber Leib und Glieder ein feiner, gleichmaessiger Strahl der kostbaren Essenz fliesst.
Ich kann mich waehrend dieser Stunde voellig dem Fluss des Geschehens uebergeben. Ich spuere, wie meine Sinne, meine vitale Koerpenergie angesprochen werden; geniesse das Gefuehl der Waerme, wie es meinen ganzen Koerper umgibt und mit der Zeit durchflutet. Die Gedanken kommen zur Ruhe und ganz leise und immer mehr kommt das Herzzentrum, der Energiewirbel hinter der Stirn zum schwingen; zuletzt bildet sich gleich einem Sennenkaeppi das Scheitelzentrum als zaertlicher Schirm ueber mir aus. Schoener koennte es nicht sein - zumindest weiss ich (noch?) nichts davon.
Es wird mir bewusst, wie dieser Ort eine stimmige Komposition bildet, wo dieses Werden von allen Seiten her angeregt wird: durch die abgestimmten Behandlungen, durch die als Heilmittel betrachtete, gleichwohl koestliche Ernaehrung, durch das harmonische Ambiente, gestuetzt durch Yoga und Meditation. Ein Ort der Entschlackung und Erneuerung auf allen Ebenen.
Gestern las ich bei Ernst Bloch ueber Karl Marx's Vision einer Wirtschaft im Einklang mit der Natur. Eine Wirtschaft, die auf dem natuerlichen Werden und Vergehen der Stoffe beruht; die was sie nimmt in lebensfoerdernder Form wieder zurueckgibt. So dass menschliche und natuerliche Evolution wieder gemeinsam gehen. Ob wir von der Quantenphilosophie her denken oder aus der spirituellen Erfahrung: Das allumfassende Potenzial oder der gemeinsame Urgrund, dem alle Manifestationen - Natur wie Mensch - entspringen ist Alles.
Unwirkuerlich muss ich dabei auch an Michael Braungart und seine schon sehr ins praktisch gediehenen Visionen fuer eine lebensfoerdernde Produktionsweise denken. Ich habe davon in "Eine Welt oder keine" mehr geschrieben. Wir werden - wenn wir wirklich darauf fokusieren - immer mehr Produkte so produzieren, dass sie nach ihrer Lebenszeit kompostiert - der Natur als Wert zurueckgegeben werden - oder aber in ihrer urspruenglichen Qualitaet wieder erneut eingesetzt werden: In Gebrauchsartikeln, aber auch im Bauwesen. Da liegt eine Hoffnung.
Die gesellschaftliche Frage - die der Gewaehrleistung eines Lebens in Wuerde und Freiheit fuer alle Menschen - ist damit noch nicht beantwortet. Aber vielleicht wird sie von da aus leichter fallen?