27. Januar 2008

> Stille

Es ist wenig zu berichten. Die Behandlungen sind intensiv und machen auf eine wohlige Art muede. Die durch verschiedene Massagen - heisse Kraeutertampons und Wasser-/Oelguesse, Oelinfusionen in die Nebenhoehlen - erzeugte innere Hitze wird durch die warme Lufttemperatur nicht abgekuehlt. So koennen die heilenden Essenzen wirken. Der Tag beginnt mit einem Warm/up, gefolgt von einer Stunde Hatha Yoga um sechs Uhr frueh.

Nach dem Fruehstueck folgen Arztkonsultation und Massage sowie eine Stunde Yoga Nidra (ein inneres Yoga in aeusserer Bewegungslosigkeit), schliesslich Mittagessen und am fruehen Nachmittag wieder eine Massagesitzung, die gut anderthalb Stunden dauert. Den restlichen Nachmittag bis zum fruehen Abendessen verbringe ich mit Lesen: abwechselnd Ernst Blochs Prinzip Hoffnung und leichtere Kost aus der vielfaeltigen zeitgenoessischen Literatur des Landes. Es ist kaum zu glauben: dieser Tagesablauf ist so beanspruchend, dass ich oft Muehe habe, die zum Lesen notwendige Konzentration aufzubringen. So darf denn auch Traeumen und Wegschweifen in die inneren Bilder sein.

Fuer viele Mitgaeste scheint die aeussere Inaktivitaet und Stille schwierig zu ertragen. Das rastlose Hirn laeuft weiter und sucht seinen Ueberlauf im Geschwaetz. Fuer uns am schwierigsten zu ertragen sind die gemeinsamen Mahlzeiten auf der wunderschoenen Veranda, wo die immergleichen Geschichten - woher man komme und wo ueberall man schon gereist sei und was man dort gegessen habe - die Stille zerstoeren. Unser Versuch, eine Stille Ecke auszusuchen, wo wir ungestoert essen koennen, wurde rasch vereitelt: Kaum hatten wir uns da eingerichtet, sammelten sich die gespraechigsten Kurgenossen in unserer Naehe.

Erinnerungen tauchen auf, an unsere ersten Ashram-Aufenthalte, wo ich auch zu jenen gehoerte, deren pausenlose Gedankenproduktion sich in mehr oder weniger klugen spirituellen Spekulationen oder auch nur einfachem Klatsch den Ueberlauf suchten. Ich war ziemlich betroffen, als dies im Rahmen einer Morgenveranstaltung oeffentlich missbilligt wurde.

Heute frueh, einige Minuten vor Beginn der ersten Yogarunde, als die noch dunkle Halle bereits wieder mit Stimmen angefuellt war, habe ich den Mut gefasst und fuer alle vernehmlich darum gebeten, die Stille des noch reinen Morgens zu wahren. Vielleicht hat das gewirkt: Beim Mittagessen war's ruhiger als zuvor.

Ist Toleranz mehr als gewaehren lassen und ertragen? Ich glaube schon