Unsere Ayurveda-Kur geht jetzt in ihre dritte Woche. Ich fuehle mich immer mehr bei mir selbst angekommen. Heute Vormittag bekam ich zum dritten Mal in der Folge eine wunderbar sanfte Behandlung: Waehrend ich ausgestreckt auf einem massiven Holztisch liege - leicht bombiert gegen die Mitte zu, tiefer an den Raendern und gegen das Fussende, damit das Oel abfliessen und erneut angewendet werden kann - werde ich in verschiedenen Koerperlagen - auf dem Bauch, auf dem Ruecken und seitlich liegend, sowie sitzend - ganz langsam mit gewaermtem, mit Heilkraeutern waehrend Tagen zubereiteten Oel uebergossen. Synchron tauchen die beiden ihre Stofflappen ins Oelbecken und pressen ihn so aus, dass waehrend ihren Bewegungen ueber Leib und Glieder ein feiner, gleichmaessiger Strahl der kostbaren Essenz fliesst.
Ich kann mich waehrend dieser Stunde voellig dem Fluss des Geschehens uebergeben. Ich spuere, wie meine Sinne, meine vitale Koerpenergie angesprochen werden; geniesse das Gefuehl der Waerme, wie es meinen ganzen Koerper umgibt und mit der Zeit durchflutet. Die Gedanken kommen zur Ruhe und ganz leise und immer mehr kommt das Herzzentrum, der Energiewirbel hinter der Stirn zum schwingen; zuletzt bildet sich gleich einem Sennenkaeppi das Scheitelzentrum als zaertlicher Schirm ueber mir aus. Schoener koennte es nicht sein - zumindest weiss ich (noch?) nichts davon.
Es wird mir bewusst, wie dieser Ort eine stimmige Komposition bildet, wo dieses Werden von allen Seiten her angeregt wird: durch die abgestimmten Behandlungen, durch die als Heilmittel betrachtete, gleichwohl koestliche Ernaehrung, durch das harmonische Ambiente, gestuetzt durch Yoga und Meditation. Ein Ort der Entschlackung und Erneuerung auf allen Ebenen.
Gestern las ich bei Ernst Bloch ueber Karl Marx's Vision einer Wirtschaft im Einklang mit der Natur. Eine Wirtschaft, die auf dem natuerlichen Werden und Vergehen der Stoffe beruht; die was sie nimmt in lebensfoerdernder Form wieder zurueckgibt. So dass menschliche und natuerliche Evolution wieder gemeinsam gehen. Ob wir von der Quantenphilosophie her denken oder aus der spirituellen Erfahrung: Das allumfassende Potenzial oder der gemeinsame Urgrund, dem alle Manifestationen - Natur wie Mensch - entspringen ist Alles.
Unwirkuerlich muss ich dabei auch an Michael Braungart und seine schon sehr ins praktisch gediehenen Visionen fuer eine lebensfoerdernde Produktionsweise denken. Ich habe davon in "Eine Welt oder keine" mehr geschrieben. Wir werden - wenn wir wirklich darauf fokusieren - immer mehr Produkte so produzieren, dass sie nach ihrer Lebenszeit kompostiert - der Natur als Wert zurueckgegeben werden - oder aber in ihrer urspruenglichen Qualitaet wieder erneut eingesetzt werden: In Gebrauchsartikeln, aber auch im Bauwesen. Da liegt eine Hoffnung.
Die gesellschaftliche Frage - die der Gewaehrleistung eines Lebens in Wuerde und Freiheit fuer alle Menschen - ist damit noch nicht beantwortet. Aber vielleicht wird sie von da aus leichter fallen?
30. Januar 2008
27. Januar 2008
> Stille
Es ist wenig zu berichten. Die Behandlungen sind intensiv und machen auf eine wohlige Art muede. Die durch verschiedene Massagen - heisse Kraeutertampons und Wasser-/Oelguesse, Oelinfusionen in die Nebenhoehlen - erzeugte innere Hitze wird durch die warme Lufttemperatur nicht abgekuehlt. So koennen die heilenden Essenzen wirken. Der Tag beginnt mit einem Warm/up, gefolgt von einer Stunde Hatha Yoga um sechs Uhr frueh.
Nach dem Fruehstueck folgen Arztkonsultation und Massage sowie eine Stunde Yoga Nidra (ein inneres Yoga in aeusserer Bewegungslosigkeit), schliesslich Mittagessen und am fruehen Nachmittag wieder eine Massagesitzung, die gut anderthalb Stunden dauert. Den restlichen Nachmittag bis zum fruehen Abendessen verbringe ich mit Lesen: abwechselnd Ernst Blochs Prinzip Hoffnung und leichtere Kost aus der vielfaeltigen zeitgenoessischen Literatur des Landes. Es ist kaum zu glauben: dieser Tagesablauf ist so beanspruchend, dass ich oft Muehe habe, die zum Lesen notwendige Konzentration aufzubringen. So darf denn auch Traeumen und Wegschweifen in die inneren Bilder sein.
Fuer viele Mitgaeste scheint die aeussere Inaktivitaet und Stille schwierig zu ertragen. Das rastlose Hirn laeuft weiter und sucht seinen Ueberlauf im Geschwaetz. Fuer uns am schwierigsten zu ertragen sind die gemeinsamen Mahlzeiten auf der wunderschoenen Veranda, wo die immergleichen Geschichten - woher man komme und wo ueberall man schon gereist sei und was man dort gegessen habe - die Stille zerstoeren. Unser Versuch, eine Stille Ecke auszusuchen, wo wir ungestoert essen koennen, wurde rasch vereitelt: Kaum hatten wir uns da eingerichtet, sammelten sich die gespraechigsten Kurgenossen in unserer Naehe.
Erinnerungen tauchen auf, an unsere ersten Ashram-Aufenthalte, wo ich auch zu jenen gehoerte, deren pausenlose Gedankenproduktion sich in mehr oder weniger klugen spirituellen Spekulationen oder auch nur einfachem Klatsch den Ueberlauf suchten. Ich war ziemlich betroffen, als dies im Rahmen einer Morgenveranstaltung oeffentlich missbilligt wurde.
Heute frueh, einige Minuten vor Beginn der ersten Yogarunde, als die noch dunkle Halle bereits wieder mit Stimmen angefuellt war, habe ich den Mut gefasst und fuer alle vernehmlich darum gebeten, die Stille des noch reinen Morgens zu wahren. Vielleicht hat das gewirkt: Beim Mittagessen war's ruhiger als zuvor.
Ist Toleranz mehr als gewaehren lassen und ertragen? Ich glaube schon
Nach dem Fruehstueck folgen Arztkonsultation und Massage sowie eine Stunde Yoga Nidra (ein inneres Yoga in aeusserer Bewegungslosigkeit), schliesslich Mittagessen und am fruehen Nachmittag wieder eine Massagesitzung, die gut anderthalb Stunden dauert. Den restlichen Nachmittag bis zum fruehen Abendessen verbringe ich mit Lesen: abwechselnd Ernst Blochs Prinzip Hoffnung und leichtere Kost aus der vielfaeltigen zeitgenoessischen Literatur des Landes. Es ist kaum zu glauben: dieser Tagesablauf ist so beanspruchend, dass ich oft Muehe habe, die zum Lesen notwendige Konzentration aufzubringen. So darf denn auch Traeumen und Wegschweifen in die inneren Bilder sein.
Fuer viele Mitgaeste scheint die aeussere Inaktivitaet und Stille schwierig zu ertragen. Das rastlose Hirn laeuft weiter und sucht seinen Ueberlauf im Geschwaetz. Fuer uns am schwierigsten zu ertragen sind die gemeinsamen Mahlzeiten auf der wunderschoenen Veranda, wo die immergleichen Geschichten - woher man komme und wo ueberall man schon gereist sei und was man dort gegessen habe - die Stille zerstoeren. Unser Versuch, eine Stille Ecke auszusuchen, wo wir ungestoert essen koennen, wurde rasch vereitelt: Kaum hatten wir uns da eingerichtet, sammelten sich die gespraechigsten Kurgenossen in unserer Naehe.
Erinnerungen tauchen auf, an unsere ersten Ashram-Aufenthalte, wo ich auch zu jenen gehoerte, deren pausenlose Gedankenproduktion sich in mehr oder weniger klugen spirituellen Spekulationen oder auch nur einfachem Klatsch den Ueberlauf suchten. Ich war ziemlich betroffen, als dies im Rahmen einer Morgenveranstaltung oeffentlich missbilligt wurde.
Heute frueh, einige Minuten vor Beginn der ersten Yogarunde, als die noch dunkle Halle bereits wieder mit Stimmen angefuellt war, habe ich den Mut gefasst und fuer alle vernehmlich darum gebeten, die Stille des noch reinen Morgens zu wahren. Vielleicht hat das gewirkt: Beim Mittagessen war's ruhiger als zuvor.
Ist Toleranz mehr als gewaehren lassen und ertragen? Ich glaube schon
25. Januar 2008
> Unbedingte Liebe:Vom Fehlenden zum "Noch-Nicht"
Ist Dankbarkeit nicht auch zugleich Liebe fuer das Gegenwaertige, so wie es ist, jetzt? Im Sinne von Anerkennung einer groesseren Liebe, die uns meint? Und wenn wir diese Liebe erkennen und annehmen, nimmt ihr Fluss zu.
Im Licht dieses Flusses kann sich Mangelndes in ein „Noch-Nicht“ wandeln. Ein "Noch-Nicht, das in sich das Potenzial des Vollkommenen traegt. Die Entfaltung dieses "Hoechsten Gutes" ist Teil der individuellen und als Folge davon der kollektiven Bewusstseinsevolution.
Indem wir uns im Bewusstsein der uns umfassenden Weisheit und Liebe diesem „Noch-Nicht“ zuwenden, werden sich die jetzt zur Entfaltung anstehenden Impulse offenbaren; an uns ist es dann, ihnen die zur konkreten Manifestation in unserem Leben erforderlichen Denk- und Handlungskraefte zu verleihen.
Wenn sie echtes Novum sind, uebersteigen die Impulse aus dem „Noch-Nicht“ unsere Erwartungen; denn sie kommen aus einem weiteren Spektrum als der durch Mangel und Beduerftigkeit verengten Perspektive.
Als ich vor Jahren die tiefe Erfahrung machte, dass alle Sehnsucht nach aeusserer Aufgehobenheit immer das Ankommen in der Einen Liebe und Weisheit meint, wurde mir auch klar, dass der lange und beschwerliche Weg durch die notwendigerweise vergaenglichen Sicherheiten - samt Enttaeuschung und Schmerz bei deren Untergang - mit dazu gehoerte. In der Stille dieser Tage habe ich eine neue Sehnsucht erfahren: den Fluss dieser Liebe in das Leben hinein offen zu halten. Und dabei Fehlendes, unvollkommen erscheinendes als „Noch-Nicht“ mit der Tendenz hin zum darin angelegten Vollkommenen zu erkennen.
Ist unbedingte Liebe anders moeglich?
Im Licht dieses Flusses kann sich Mangelndes in ein „Noch-Nicht“ wandeln. Ein "Noch-Nicht, das in sich das Potenzial des Vollkommenen traegt. Die Entfaltung dieses "Hoechsten Gutes" ist Teil der individuellen und als Folge davon der kollektiven Bewusstseinsevolution.
Indem wir uns im Bewusstsein der uns umfassenden Weisheit und Liebe diesem „Noch-Nicht“ zuwenden, werden sich die jetzt zur Entfaltung anstehenden Impulse offenbaren; an uns ist es dann, ihnen die zur konkreten Manifestation in unserem Leben erforderlichen Denk- und Handlungskraefte zu verleihen.
Wenn sie echtes Novum sind, uebersteigen die Impulse aus dem „Noch-Nicht“ unsere Erwartungen; denn sie kommen aus einem weiteren Spektrum als der durch Mangel und Beduerftigkeit verengten Perspektive.
Als ich vor Jahren die tiefe Erfahrung machte, dass alle Sehnsucht nach aeusserer Aufgehobenheit immer das Ankommen in der Einen Liebe und Weisheit meint, wurde mir auch klar, dass der lange und beschwerliche Weg durch die notwendigerweise vergaenglichen Sicherheiten - samt Enttaeuschung und Schmerz bei deren Untergang - mit dazu gehoerte. In der Stille dieser Tage habe ich eine neue Sehnsucht erfahren: den Fluss dieser Liebe in das Leben hinein offen zu halten. Und dabei Fehlendes, unvollkommen erscheinendes als „Noch-Nicht“ mit der Tendenz hin zum darin angelegten Vollkommenen zu erkennen.
Ist unbedingte Liebe anders moeglich?
22. Januar 2008
> Ayurveda in Kalari Kovilakom
Seit bald einer Woche sind wir in Kolengode, in der Naehe von Palakad, nahe beim Uebergang von Kerala zu Tamil Nadu. Die nicht nur angenehme erste Reinigungsphase der Ayurveda/Kur geht langsam zu Ende. Der Ort hier ist wunderbar. Nicht nur die Anlage der Gebaeude in einem riesigen gruenen Garten, sondern auch die Zuwendung, die wir hier geniessen, von den Aerzten, Masseusen und Masseuren bis zur taeglich den individuellen Gesundheitsbeduerfnissen angepassten, koestlichen Kueche.
Was dies fuer ein Privileg bedeutet, gerade in diesem Land, wo trotz wirtschaftlichen Aufschwungs noch zwei Drittel der Menschen in grosser Armut leben, ist uns sehr bewusst. Natuerlich tragen die hohen Preise, die wir hier zahlen, zur Beschaeftigung vieler Menschen bei. Dass der Trickle-Down-Effekt - das Ankommen des geschaffenen Mehrwerts bei den aermsten Schichten - in Indien noch ueberhaupt nicht im allgemein erwarteten Mass geschieht, ist eine Tatsache, die wohl auch fuer diesen Ort ztrifft, der durch eine florierende Hotelgruppe betrieben wird.
Bei der Lektuere der Zeitungen und im Gespraech mit Menschen wird klar, dass die groesste Wende durch eine bessere Schulbildung auf der alleruntersten Stufe - beim einfachen Lesen und Schreiben - bewirkt werden koennte. Wenn Menschen lernen, sich auszudruecken, wird auch der Druck von unten in Richtung einer gerechteren Verteilung des Wohlstands staerker werden.
Wie sich ein Teil der etablierten Schicht gegen diese Entwicklung wehrt, wurde uns schon beim Zwischenaufenthalt in Dubai - auf dem Flug nach Cochin - klar. Ein in der Schweiz niedergelassener Inder foerdert Schulen fuer die Aermsten in Andra Pradesh, einem Staat Zentralindiens. Er hat damit viel erreicht. 2000 Schueler werden zurzeit in zwei Schulen ausgebildet; die ersten haben die Reife fuers College erreicht. Nach einem Besuch der staatlichen Inspektorin war im Gaestebuch zu lesen: Ich bin enttaeuscht, dass die Kinder hier in Englisch unterrichtet werden. Die verduzte Schulleitung fragte nach, ob sie dies ernst meine und was sie den ihren eigenen Kindern wuensche. Ja, meine Kinder, keine Frage - aber diese? Wer soll den dann unsere Toiletten putzen?
Dies zum Stand der klassenfreien Gesellschaft, die schon Marx und seither viele anderen traeumten. Dazu passt gut, dass ich mir fuer die drei Wochen an diesem privilegierten Ort Ernst Blochs "Das Prinzip Hoffnung" vorgenommen habe. Es geht um die Hoffnung - die Realisierung des Noch-Nicht-Bewussten, des Noch-Nicht-Gewordenen - die wir unbewusst in uns Tragen: Das hoechste vorstellbare Gut.
Schoen, die Vorstellung, dass wir im Unbewussten nicht nur Vergangenheit tragen, sondern auch die Antizipation des "Wohin" der Evolution. Vielleicht koennen wir sie tatsaechlich erst vernehmen - und erst recht umsetzen - wenn wir nicht mehr von den Gespenstern einer verletzten oder sonstwie verdraengten Vergangenheit getrieben werden, und uns deshalb angstfrei dem in uns Seienden zuwenden wollen, das uns zum neuen draengt.
Ich merke, dass mich die Lektuere inspiriert und auch zu neuen Inhalten anregt, die durch mich Form erhalten sollen. Die begonnene Reinigung und Erneuerung scheint nicht nur auf der koerperlichen Ebene stattzufinden.
Soweit fuer heute.
Was dies fuer ein Privileg bedeutet, gerade in diesem Land, wo trotz wirtschaftlichen Aufschwungs noch zwei Drittel der Menschen in grosser Armut leben, ist uns sehr bewusst. Natuerlich tragen die hohen Preise, die wir hier zahlen, zur Beschaeftigung vieler Menschen bei. Dass der Trickle-Down-Effekt - das Ankommen des geschaffenen Mehrwerts bei den aermsten Schichten - in Indien noch ueberhaupt nicht im allgemein erwarteten Mass geschieht, ist eine Tatsache, die wohl auch fuer diesen Ort ztrifft, der durch eine florierende Hotelgruppe betrieben wird.
Bei der Lektuere der Zeitungen und im Gespraech mit Menschen wird klar, dass die groesste Wende durch eine bessere Schulbildung auf der alleruntersten Stufe - beim einfachen Lesen und Schreiben - bewirkt werden koennte. Wenn Menschen lernen, sich auszudruecken, wird auch der Druck von unten in Richtung einer gerechteren Verteilung des Wohlstands staerker werden.
Wie sich ein Teil der etablierten Schicht gegen diese Entwicklung wehrt, wurde uns schon beim Zwischenaufenthalt in Dubai - auf dem Flug nach Cochin - klar. Ein in der Schweiz niedergelassener Inder foerdert Schulen fuer die Aermsten in Andra Pradesh, einem Staat Zentralindiens. Er hat damit viel erreicht. 2000 Schueler werden zurzeit in zwei Schulen ausgebildet; die ersten haben die Reife fuers College erreicht. Nach einem Besuch der staatlichen Inspektorin war im Gaestebuch zu lesen: Ich bin enttaeuscht, dass die Kinder hier in Englisch unterrichtet werden. Die verduzte Schulleitung fragte nach, ob sie dies ernst meine und was sie den ihren eigenen Kindern wuensche. Ja, meine Kinder, keine Frage - aber diese? Wer soll den dann unsere Toiletten putzen?
Dies zum Stand der klassenfreien Gesellschaft, die schon Marx und seither viele anderen traeumten. Dazu passt gut, dass ich mir fuer die drei Wochen an diesem privilegierten Ort Ernst Blochs "Das Prinzip Hoffnung" vorgenommen habe. Es geht um die Hoffnung - die Realisierung des Noch-Nicht-Bewussten, des Noch-Nicht-Gewordenen - die wir unbewusst in uns Tragen: Das hoechste vorstellbare Gut.
Schoen, die Vorstellung, dass wir im Unbewussten nicht nur Vergangenheit tragen, sondern auch die Antizipation des "Wohin" der Evolution. Vielleicht koennen wir sie tatsaechlich erst vernehmen - und erst recht umsetzen - wenn wir nicht mehr von den Gespenstern einer verletzten oder sonstwie verdraengten Vergangenheit getrieben werden, und uns deshalb angstfrei dem in uns Seienden zuwenden wollen, das uns zum neuen draengt.
Ich merke, dass mich die Lektuere inspiriert und auch zu neuen Inhalten anregt, die durch mich Form erhalten sollen. Die begonnene Reinigung und Erneuerung scheint nicht nur auf der koerperlichen Ebene stattzufinden.
Soweit fuer heute.
13. Januar 2008
> Multidimensionale Tempelrituale III (Fortsetzung)
Die Erfahrung der abendlichen Rituale im Tempel von Vishnus Loewengestalt ist mir buchstaeblich durch Mark und Bein gegangen. Die Erfahrung ist jetzt – einige Tage danach – gegenwaertig. Die Erinnerung an das anhaltende Laeuten der hellen Tempelglocke, die Rezitation der Mantren, die streng ritualisierten Gesten des Brahmanen, dies alles, umgeben von den betoerendsten Raeucherdueften und getragen von der Hingabe einer dicht gedraengten Menge von Glaeubigen, wirkt noch immer wie ein Sog in ein anderes Koerper- und Gefuehlsbewusstsein. Es ist ein magischer, durch ein suggestives Gewebe von uralten Mythen erhoehter Zustand.
Wer in der integralen Bewusstseinsebene – im Sinne von Ken Wilbers innerer Landkarte – beheimatet ist, mag hier die Haltung des inneren Beobachters einnehmen, der den kontrollierenden, rationalen Geist zurueckzutreten und zu schweigen heisst, um die Lebendigkeit der magischen und mythischen Erfahrungsebenen ganz zuzulassen; sie sind Teil unserer Vergangenheit, sowohl des einzelnen Menschen wie auch der Menschheit. Der rationale Geist wird spaeter zum Zuge kommen, wenn es darum geht, den inneren Erfahrungen die ihnen angemessenen Worte zu verleihen.
In dieser Betrachtung seiner inneren Tiefe wird der sensible Beobachter auch die ihn umgebende Dimension der Ewigkeit wahrnehmen koennen: unbewegtes, unbegrenztes Sein, dessen Urgrund alle Manifestationen, der ganze Kosmos, entspringen. Sich diesem ewigen Sein so anzuvertrauen, dass sich unversehens die Trennung zwischen dem Beobachter und dem Urgrund aufloest: das ist die mystische Erfahrung der nondualen Einheit, jenseits aller Gegensaetze.
Ist es vermessen anzunehmen, dass wir uns aus dieser Warhnehmungsfaehigkeit und mit dem Respekt fuer die verschiedensten Formen von Glaeubigkeit auf die religioesen Rituale aller Kulturen einlassen, sie mitvollziehen und sie in einer sprachlosen Weise auch verstehen koennen? Im Sinne einer trans-religioesen, die verschiedenen Formen ueberschreitenden Weise, und ist dies nicht der Weg zum Frieden zwischen den Religionen und Kulturen? Ein Weg der Achtung fuer die Verschiedenheit der Wege und Formen, wie auch der verschiedenen Bewusstseinsebenen, aus denen sie erfahren werden, letztlich aber auf ihren gemeinsamen Urgrund im Absoluten ausgerichtet. Universelle Spiritualitaet.
Heute frueh habe ich auf meiner Wanderung eine das Umland weit ueberragende Huegelspitze bestiegen. Der Lohn des anstrengenden, Haende wie Fuesse beschaeftigenden Aufstiegs war eine Rundumsicht ueber eine gruene Welt von weichen Taelern und Huegel, da und dort durch ein schwarzes Felsmassiv akzentuiert. Gruener Dschungel, auf allen Seiten, soweit das Auge reicht; in der Ferne da und dort eine Gruppe von Haeusern und Huetten, eine Ansammlung kultivierter Felder, durch erdige Landwege verbunden. Voegel singen, in der Ferne hie und da bellende Hunde, ein bloekendes Rind, Rufe von Menschen – alles eingetaucht in ein waermendes Sonnenlicht; kurz: Indien wie im Bilderbuch.
Ob diesem Frieden lacht mir das Herz, dessen Waerme ich schon beim Fruehstueck gespuert habe, als ich einem anderen Gast von meiner beglueckenden Arbeit erzaehlte; und ich weiss, dass diese Herzenswaerme meiner innersten Quelle entspringt. Nun ist es, wie wenn die ganze Welt um mich, auch von dieser Herzenswaerme erfuellt waere: wo ich hinschaue, schwingt es mir so entgegen. Das ist die Basis eines imaginaeren Dreiecks: die Resonanz des Einen in meinem Herzen am einen, die Resonanz des Einen in der Umwelt am anderen Ende. Und darueber die Spitze: der eine, ungeteilte Urgrund. Und wieder saugt mich die Erfahrung unwiderstehlich in sich hinein. Ich bin alle drei zugleich, kann vom einen ins andere wechseln oder ganz im Dreieck sein.
Dann mache ich mich auf den Abstieg von der Huegelspitze und setze mich etwas weiter unten nieder. Auf den bequemen Baenken unter schattigen Baeumen, ein Aussichtsplatz, der wohl vor vielen Jahren von entdeckungsfreudigen Englaendern angelegt wurde. Wie ich so vor dem alten Tisch sitze und auf die Tischflaeche sehe, tritt mir ein weiteres Dreieck vor Augen. Wieder die gleiche Horizontale: vom Herzen in mir zum Herzen in der Welt, doch diesmal ist seine Spitze nach unten gerichtet. Das Bild meine die Ausrichtung dieser inneren Verbundenheit auf den aktuellen Augenblick, auf das Denken und Handeln in der Gegenwart.
Schliesslich verschiebt sich das nach unten ausgerichtete Dreieck nach oben, so dass das Bild zweier ineinander verschraenkter Dreiecke entsteht: eines zeigt nach oben, das andere nach unten. In Indien ist das Bild als Shri Yantra bekannt; wir kennen es auch als Davidsstern. Es wird fuer mich von nun an eine neue, von eigener Erfahrung getrankte Bedeutung haben.
Wer in der integralen Bewusstseinsebene – im Sinne von Ken Wilbers innerer Landkarte – beheimatet ist, mag hier die Haltung des inneren Beobachters einnehmen, der den kontrollierenden, rationalen Geist zurueckzutreten und zu schweigen heisst, um die Lebendigkeit der magischen und mythischen Erfahrungsebenen ganz zuzulassen; sie sind Teil unserer Vergangenheit, sowohl des einzelnen Menschen wie auch der Menschheit. Der rationale Geist wird spaeter zum Zuge kommen, wenn es darum geht, den inneren Erfahrungen die ihnen angemessenen Worte zu verleihen.
In dieser Betrachtung seiner inneren Tiefe wird der sensible Beobachter auch die ihn umgebende Dimension der Ewigkeit wahrnehmen koennen: unbewegtes, unbegrenztes Sein, dessen Urgrund alle Manifestationen, der ganze Kosmos, entspringen. Sich diesem ewigen Sein so anzuvertrauen, dass sich unversehens die Trennung zwischen dem Beobachter und dem Urgrund aufloest: das ist die mystische Erfahrung der nondualen Einheit, jenseits aller Gegensaetze.
Ist es vermessen anzunehmen, dass wir uns aus dieser Warhnehmungsfaehigkeit und mit dem Respekt fuer die verschiedensten Formen von Glaeubigkeit auf die religioesen Rituale aller Kulturen einlassen, sie mitvollziehen und sie in einer sprachlosen Weise auch verstehen koennen? Im Sinne einer trans-religioesen, die verschiedenen Formen ueberschreitenden Weise, und ist dies nicht der Weg zum Frieden zwischen den Religionen und Kulturen? Ein Weg der Achtung fuer die Verschiedenheit der Wege und Formen, wie auch der verschiedenen Bewusstseinsebenen, aus denen sie erfahren werden, letztlich aber auf ihren gemeinsamen Urgrund im Absoluten ausgerichtet. Universelle Spiritualitaet.
Heute frueh habe ich auf meiner Wanderung eine das Umland weit ueberragende Huegelspitze bestiegen. Der Lohn des anstrengenden, Haende wie Fuesse beschaeftigenden Aufstiegs war eine Rundumsicht ueber eine gruene Welt von weichen Taelern und Huegel, da und dort durch ein schwarzes Felsmassiv akzentuiert. Gruener Dschungel, auf allen Seiten, soweit das Auge reicht; in der Ferne da und dort eine Gruppe von Haeusern und Huetten, eine Ansammlung kultivierter Felder, durch erdige Landwege verbunden. Voegel singen, in der Ferne hie und da bellende Hunde, ein bloekendes Rind, Rufe von Menschen – alles eingetaucht in ein waermendes Sonnenlicht; kurz: Indien wie im Bilderbuch.
Ob diesem Frieden lacht mir das Herz, dessen Waerme ich schon beim Fruehstueck gespuert habe, als ich einem anderen Gast von meiner beglueckenden Arbeit erzaehlte; und ich weiss, dass diese Herzenswaerme meiner innersten Quelle entspringt. Nun ist es, wie wenn die ganze Welt um mich, auch von dieser Herzenswaerme erfuellt waere: wo ich hinschaue, schwingt es mir so entgegen. Das ist die Basis eines imaginaeren Dreiecks: die Resonanz des Einen in meinem Herzen am einen, die Resonanz des Einen in der Umwelt am anderen Ende. Und darueber die Spitze: der eine, ungeteilte Urgrund. Und wieder saugt mich die Erfahrung unwiderstehlich in sich hinein. Ich bin alle drei zugleich, kann vom einen ins andere wechseln oder ganz im Dreieck sein.
Dann mache ich mich auf den Abstieg von der Huegelspitze und setze mich etwas weiter unten nieder. Auf den bequemen Baenken unter schattigen Baeumen, ein Aussichtsplatz, der wohl vor vielen Jahren von entdeckungsfreudigen Englaendern angelegt wurde. Wie ich so vor dem alten Tisch sitze und auf die Tischflaeche sehe, tritt mir ein weiteres Dreieck vor Augen. Wieder die gleiche Horizontale: vom Herzen in mir zum Herzen in der Welt, doch diesmal ist seine Spitze nach unten gerichtet. Das Bild meine die Ausrichtung dieser inneren Verbundenheit auf den aktuellen Augenblick, auf das Denken und Handeln in der Gegenwart.
Schliesslich verschiebt sich das nach unten ausgerichtete Dreieck nach oben, so dass das Bild zweier ineinander verschraenkter Dreiecke entsteht: eines zeigt nach oben, das andere nach unten. In Indien ist das Bild als Shri Yantra bekannt; wir kennen es auch als Davidsstern. Es wird fuer mich von nun an eine neue, von eigener Erfahrung getrankte Bedeutung haben.
12. Januar 2008
> Multidimensionale Tempelrituale II (Fortsetzung)
Die langen, einsamen Wanderungen auf dem weiten Gelaende der Kaffe- und Gewuerzpflanzung, auf der wir uns noch immer aufhalten, sind inspirierend. Und da Elisabeth daran ist, von einer Darmgrippe zu genesen, habe ich Zeit und Gelegenheit meine Reflexionen zu notieren. Hier einige Nachklaenge zur gestrigen Notiz:
Wenn wir die hinduistische Goetterwelt von ihrem aeusseren Himmel abloesen und in unser Inneres hineinnehmen, entdecken wir, wie sie alle - Goettinnen und Goetter - in uns selbst wirksame Kraefte verkoerper; ob wir ihrer bewusst sind oder nicht. Lakshmi, zum Beispiel, die Goettin der Lebensfuelle, oder Ganesha, der alle Hindernisse ueberwindende Begleiter auf Reisen und anderen Unternehmungen, oder die Kuenste - Tanz und Musik - foerdernde Saraswati. Sie brauchen unsere Anerkennung und Wuerdigung, damit sie zu unseren Gunsten wirksam werden.
Glaeubige Hindus wissen beispielsweise, dass sich Lakshmi und die durch sie gespendete Lebensfuelle entziehen, wenn sie nicht gewuerdigt wird, aber auch, wenn sich der Glaeubige ihrer nicht als wuerdig empfindet - und erst recht, wenn er sie festhalten, sich ihrer bemaechtigen will. Unserem Ich geht es nicht anders in seinem Umgang mit seiner eigenen Lebensfuelle. Und wird der loewengestaltige Vishnu nicht mit Ehrerbietung und Zuwendung behandelt, so baut er sich zur bedrohlichen Gestalt auf; im Aeusseren, fuer den einfachen Hinduglaeubigen, oder im Innern, fuer den aufgeklaerten Menschen, der die ihrer mythischen Kraft beraubten und deshalb voreilig fuer tot erklaerten Goetter als Teil seines Wesens wiedergefunden hat.
Im Gegensatz zu den christlichen Gottesbildern haben die Goetter des hinduistischen
Pantheons durchaus ihre dunkeln, furchterregenden Gesichter. Dadurch geben sie uns die Chance der inneren Bewusstseinsentwicklung und -transformation, sofern wir es wagen, uns ihnen zuzuwenden und ihnen mit offenem Herzen zu begegnen. So lernen wir die Gesetze des Wandels kennen, wenn der gereizte, zum reissenden Tier gewordene Loewe seine machtvolle Sonnengestalt entfaltet, die uns ungeahnte Kraefte zu verleihen vermag. Oder wenn wir uns beherzt der alles Leben verschlingenden Kali anheim geben, die uns durch ihren bluttriefenden Schlund durch eine Nachtmeerfahrt fuehrt, um uns dann als die grosse Gebaererin alles Lebens, die grosse Mutter, neu in die Welt zu setzen. Wohl wird die christliche schwarze Madonna oft als Entsprechung der Kali angefuehrt. Mir ist allerdings keine Manifestation der schwarzen Himmelskoenigin bekannt, die eine lebensbedrohende, dunkle Seite zeigt.
Wer sich auf diese Nachtmeerfahrt einlaesst, darf dies nur aus einem furchtlosen, in seinem Urgrund tief verwurzelten Ich tun. Wer auf diesem Weg von Furcht oder Panik ueberwaeltigt wird, mag einer ungeheuerlichen Geisterfahrt entgegen gehen, von der laengst nicht alle ohne Schaden an Geist oder Seele zurueckgekehrt sind.
Wenn wir die hinduistische Goetterwelt von ihrem aeusseren Himmel abloesen und in unser Inneres hineinnehmen, entdecken wir, wie sie alle - Goettinnen und Goetter - in uns selbst wirksame Kraefte verkoerper; ob wir ihrer bewusst sind oder nicht. Lakshmi, zum Beispiel, die Goettin der Lebensfuelle, oder Ganesha, der alle Hindernisse ueberwindende Begleiter auf Reisen und anderen Unternehmungen, oder die Kuenste - Tanz und Musik - foerdernde Saraswati. Sie brauchen unsere Anerkennung und Wuerdigung, damit sie zu unseren Gunsten wirksam werden.
Glaeubige Hindus wissen beispielsweise, dass sich Lakshmi und die durch sie gespendete Lebensfuelle entziehen, wenn sie nicht gewuerdigt wird, aber auch, wenn sich der Glaeubige ihrer nicht als wuerdig empfindet - und erst recht, wenn er sie festhalten, sich ihrer bemaechtigen will. Unserem Ich geht es nicht anders in seinem Umgang mit seiner eigenen Lebensfuelle. Und wird der loewengestaltige Vishnu nicht mit Ehrerbietung und Zuwendung behandelt, so baut er sich zur bedrohlichen Gestalt auf; im Aeusseren, fuer den einfachen Hinduglaeubigen, oder im Innern, fuer den aufgeklaerten Menschen, der die ihrer mythischen Kraft beraubten und deshalb voreilig fuer tot erklaerten Goetter als Teil seines Wesens wiedergefunden hat.
Im Gegensatz zu den christlichen Gottesbildern haben die Goetter des hinduistischen
Pantheons durchaus ihre dunkeln, furchterregenden Gesichter. Dadurch geben sie uns die Chance der inneren Bewusstseinsentwicklung und -transformation, sofern wir es wagen, uns ihnen zuzuwenden und ihnen mit offenem Herzen zu begegnen. So lernen wir die Gesetze des Wandels kennen, wenn der gereizte, zum reissenden Tier gewordene Loewe seine machtvolle Sonnengestalt entfaltet, die uns ungeahnte Kraefte zu verleihen vermag. Oder wenn wir uns beherzt der alles Leben verschlingenden Kali anheim geben, die uns durch ihren bluttriefenden Schlund durch eine Nachtmeerfahrt fuehrt, um uns dann als die grosse Gebaererin alles Lebens, die grosse Mutter, neu in die Welt zu setzen. Wohl wird die christliche schwarze Madonna oft als Entsprechung der Kali angefuehrt. Mir ist allerdings keine Manifestation der schwarzen Himmelskoenigin bekannt, die eine lebensbedrohende, dunkle Seite zeigt.
Wer sich auf diese Nachtmeerfahrt einlaesst, darf dies nur aus einem furchtlosen, in seinem Urgrund tief verwurzelten Ich tun. Wer auf diesem Weg von Furcht oder Panik ueberwaeltigt wird, mag einer ungeheuerlichen Geisterfahrt entgegen gehen, von der laengst nicht alle ohne Schaden an Geist oder Seele zurueckgekehrt sind.
11. Januar 2008
> Indische Tempelrituale in multidimensionaler Erfahrung
Seit einer Woche sind wir nun in Suedindien unterwegs. Waehrend der letzten vier Tage haben wir in der Umgebung von Mysore mehrere vom Tourismus noch kaum beruehrte Doerfer und deren durch einen verwurzelten Volksglauben noch immer belebte Tempel besucht. Immer wieder wurden wir zu Tempelritualen eingeladen, und wir liessen uns ganz auf die archaische Intensitaet dieser Rituale ein. Besonders eindruecklich: Ein abendliches Ritual fuer die vierte Inkarnation des Gottes Vishnu in der Gestalt eines Loewen. Ein Gottesbild, das durch seine reizbare Grausamkeit in den Glaeubigen Respekt und Furcht erregt. Seine Zuneigung muss immer wieder aufs Neue erworben werden; dann wird der Gott zu einem machtvollen Beschuetzer in den schwierigsten Lebenssituationen.
Das abendliche Tempelritual, bestehend aus der Waschung der seine Gegenwart repraesentierenden Statue - Abishek - und ihre anschliessende Verehrung durch die Lichterzeremonie - Arati - sind Ausdruck dieser Zuwendung. Waehrend des Abishek wird die lebensgrosse, einen aufrechtsitzenden Loewen darstellende Steinfigur - wieder und wieder mit Dutzenden von Litern von Yoghurt, Milch, Ghee und Wasser uebergossen, immer begleitet durch die Rezitation von Mantren - Versen aus den heiligen Schriften - und den dazu vorgegebenen rituellen Gesten - Mudras. Schliesslich wir die Statue noch mit einem Pulver von Sandelholz und Kurkuma ueberzogen und ein letztes Mal gewaschen.
Nach Abschluss des Rituals wird der Vorhang vor den Zugang zum Allerheiligsten gezogen. Nur ein Bramahne darf anwesend sein, wenn Kessel um Kessel von frisch gekochter, koestlich duftender Nahrung vor die Statue gestellt wird, damit Vishnu sein Mal in Ruhe geniessen kann. Dann wird die Tuer fuer die Nacht geschlossen. Die reichhaltigen Speisen werden anschliessend als gesegnete Mahlzeit - Prasad - unter die Anwesenden verteilt.
Es war mir nicht moeglich - und ich habe es auch gar nicht erst versucht - mich der Intensitaet dieser Vorgaenge zu entziehen. Der Ort ist durch die Wiederholung dieser Rituale auch so mit Energie getraenkt, dass ich in eine hochintensive Stille und Gegenwart geradezu hineingezogen wurde. Ich spuerte, wie die Loewenkraft in mir aufstieg, deren zerstoererisches Potenzial ich nur zu gut kenne. Mein "Rechthaber" meldete sich, der so insistent und wuetend werden kann, dass er alles bessere Wissen ueberflutet und nicht aufzugeben bereit ist, bis er die Anerkennung seiner Meinung durchgesetzt hat. Ja, das ist mein Vishnu in Loewengestalt, und ich muss liebevoll mit ihm umgehen, ihm meine Zuneigung geben, damit er sein bedrohliches Gesicht verliert und zu meinem ebenso maechtigen wie guetigen Helfer wird. Es ist die Identifikation meines personalen Ich mit dieser maechtigen Sonnenkraft, die in Machtbesessenheit abgleitet, wenn sie angezweifelt oder gar bekaempft wird.
Am Vormittag nach dem Ritual treffen wir den Bramahnen ganz kurz, weil er uns seinen Segen mit auf den Weg geben will, und es wird schnell klar, dass er im Ritual nicht die individuelle Auseinandersetzung der Glaeubigen mit ihren dunkeln Seiten im Blick hat. Sie fuerchten die grimmigen Seiten des Schicksals, dem sie eine aeussere goettliche Gestalt zuschreiben, und sie soll milde gestimmt werden, damit sie ihren Anhaengern seinen Schutz im Alltag gewaehrt: ein mythisches, von Respekt und Furcht bestimmtes Gottesbild.
Mir wird dabei klar, wie die selben religioesen Bilder auf den verschiedenen Bewusstseinsebenen immer wieder neu verstanden werden koennen. Es ist klar, dass ich in einen Raum groesserer Freiheit und Verantwortung gelange, wenn ich diese "goettlichen" Energien in ihrer dunkeln und lichten Erscheinungsform als in mir wirkende Kraefte verstehen und ihnen bewusst begegnen kann.
Heute frueh bei einem Spaziergang in einer riesigen Kaffe- und Gewuerzeplantage in den Western Ghats, wo wir inzwischen angekommen sind, wurde mir eine weitere Dimension des gestrigen Rituals bewusst: Dieses loewenartige Machtbewusstsein und seine Tendenz zum Machtmissbrauch, sobald sein Selbstverstaendnis provoziert und in Frage gestellt wird, ist auch global wirksam. Wir sehen dieses Wirken hinter den zahlreichen Konflikten, welche die Welt bewegen. Es ist wohl auch eine kosmisch wirkende elementare Kraft.
Ist es denkbar, steigt jetzt in mir die Frage auf, dass solche Rituale, wenn sie im Bewusstsein ihrer ganzen Tiefe und Weite ausgefuehrt werden - vielleicht vernetzt mit andern, in einer "zeitfreien Gleichzeitigkeit"? - global oder gar kosmisch wirksam sind? Und: Gehoert es zu den naechsten Schritten der Evolution des kollektiven Bewusstseins der Menschheit, dass wir dafuer optimale Formen und Vernetzungen finden? Um die Kraefte blinden Eigennutzes und der Verteidigung alter Machtpositionen global zu beruhigen?
Das abendliche Tempelritual, bestehend aus der Waschung der seine Gegenwart repraesentierenden Statue - Abishek - und ihre anschliessende Verehrung durch die Lichterzeremonie - Arati - sind Ausdruck dieser Zuwendung. Waehrend des Abishek wird die lebensgrosse, einen aufrechtsitzenden Loewen darstellende Steinfigur - wieder und wieder mit Dutzenden von Litern von Yoghurt, Milch, Ghee und Wasser uebergossen, immer begleitet durch die Rezitation von Mantren - Versen aus den heiligen Schriften - und den dazu vorgegebenen rituellen Gesten - Mudras. Schliesslich wir die Statue noch mit einem Pulver von Sandelholz und Kurkuma ueberzogen und ein letztes Mal gewaschen.
Nach Abschluss des Rituals wird der Vorhang vor den Zugang zum Allerheiligsten gezogen. Nur ein Bramahne darf anwesend sein, wenn Kessel um Kessel von frisch gekochter, koestlich duftender Nahrung vor die Statue gestellt wird, damit Vishnu sein Mal in Ruhe geniessen kann. Dann wird die Tuer fuer die Nacht geschlossen. Die reichhaltigen Speisen werden anschliessend als gesegnete Mahlzeit - Prasad - unter die Anwesenden verteilt.
Es war mir nicht moeglich - und ich habe es auch gar nicht erst versucht - mich der Intensitaet dieser Vorgaenge zu entziehen. Der Ort ist durch die Wiederholung dieser Rituale auch so mit Energie getraenkt, dass ich in eine hochintensive Stille und Gegenwart geradezu hineingezogen wurde. Ich spuerte, wie die Loewenkraft in mir aufstieg, deren zerstoererisches Potenzial ich nur zu gut kenne. Mein "Rechthaber" meldete sich, der so insistent und wuetend werden kann, dass er alles bessere Wissen ueberflutet und nicht aufzugeben bereit ist, bis er die Anerkennung seiner Meinung durchgesetzt hat. Ja, das ist mein Vishnu in Loewengestalt, und ich muss liebevoll mit ihm umgehen, ihm meine Zuneigung geben, damit er sein bedrohliches Gesicht verliert und zu meinem ebenso maechtigen wie guetigen Helfer wird. Es ist die Identifikation meines personalen Ich mit dieser maechtigen Sonnenkraft, die in Machtbesessenheit abgleitet, wenn sie angezweifelt oder gar bekaempft wird.
Am Vormittag nach dem Ritual treffen wir den Bramahnen ganz kurz, weil er uns seinen Segen mit auf den Weg geben will, und es wird schnell klar, dass er im Ritual nicht die individuelle Auseinandersetzung der Glaeubigen mit ihren dunkeln Seiten im Blick hat. Sie fuerchten die grimmigen Seiten des Schicksals, dem sie eine aeussere goettliche Gestalt zuschreiben, und sie soll milde gestimmt werden, damit sie ihren Anhaengern seinen Schutz im Alltag gewaehrt: ein mythisches, von Respekt und Furcht bestimmtes Gottesbild.
Mir wird dabei klar, wie die selben religioesen Bilder auf den verschiedenen Bewusstseinsebenen immer wieder neu verstanden werden koennen. Es ist klar, dass ich in einen Raum groesserer Freiheit und Verantwortung gelange, wenn ich diese "goettlichen" Energien in ihrer dunkeln und lichten Erscheinungsform als in mir wirkende Kraefte verstehen und ihnen bewusst begegnen kann.
Heute frueh bei einem Spaziergang in einer riesigen Kaffe- und Gewuerzeplantage in den Western Ghats, wo wir inzwischen angekommen sind, wurde mir eine weitere Dimension des gestrigen Rituals bewusst: Dieses loewenartige Machtbewusstsein und seine Tendenz zum Machtmissbrauch, sobald sein Selbstverstaendnis provoziert und in Frage gestellt wird, ist auch global wirksam. Wir sehen dieses Wirken hinter den zahlreichen Konflikten, welche die Welt bewegen. Es ist wohl auch eine kosmisch wirkende elementare Kraft.
Ist es denkbar, steigt jetzt in mir die Frage auf, dass solche Rituale, wenn sie im Bewusstsein ihrer ganzen Tiefe und Weite ausgefuehrt werden - vielleicht vernetzt mit andern, in einer "zeitfreien Gleichzeitigkeit"? - global oder gar kosmisch wirksam sind? Und: Gehoert es zu den naechsten Schritten der Evolution des kollektiven Bewusstseins der Menschheit, dass wir dafuer optimale Formen und Vernetzungen finden? Um die Kraefte blinden Eigennutzes und der Verteidigung alter Machtpositionen global zu beruhigen?
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